Die Unmik habe ihre Verantwortung nicht wahrgenommen, kritisiert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. So habe sie beispielsweise schwere Menschenrechtsverletzungen während und nach dem Jugoslawienkrieg nur schlecht – oder gar nicht – untersucht. Dabei gehöre genau das zu den Aufgaben der Unmik.
Diese Vorwürfe seien berechtigt, sagt Andreas Ernst. Er ist Korrespondent der NZZ am Sonntag in Belgrad. Doch weshalb ist die Unmik all die Jahre so untätig geblieben? «Dafür gibt es verschiedene Gründe: die Überforderung dieser Behörde, eine gewisse Gleichgültigkeit und wahrscheinlich auch Opportunismus.»
Anspruch und Realität
Zu denken, die UNO-Einheit könne im Alleingang das friedliche Zusammenleben in der Region wiederherstellen, sei überzogen. «Gerechtigkeit und Versöhnung können ohnehin nur in einer Gesellschaft selber hergestellt werden», ist er überzeugt. «Ich glaube nicht, dass man das von aussen in eine Gesellschaft hineintragen kann.»
Was man aber machen könne – und was man auch im Kosovo «nicht ganz ohne Erfolg» gemacht habe, ist beim Aufbau von Institutionen des Rechtsstaats zu helfen. «Überall dort, wo Ausländer lange in exekutiven Positionen waren, also selber Recht gesprochen oder Polizeiarbeit geleistet haben», seien allerdings Mängel feststellbar.
Viele Fälle unaufgeklärt
Die aktuellen Vorwürfe von Amnesty International betreffen vor allem die Nachwehen des Kosovo-Konflikts gegen Ende der 90er Jahre. Damals wurden Hunderte Menschen entführt – vermutlich von Mitgliedern der kosovarischen Befreiungsorganisation UCK. Von vielen Entführten fehlt bis heute jede Spur.
Die Aufklärung der Fälle sei heikel für die Unmik, «denn unmittelbar nach dem Krieg, als die serbischen Truppen den Kosovo verlassen hatten, war die UCK faktisch die neue Regierung», erklärt der Korrespondent. «Sie hat die Kontrolle über das Territorium ausgeübt, während die internationalen Institutionen neu in dieses Gebiet kamen.»
Die Unmik war demnach auf die Zusammenarbeit mit der UCK angewiesen. In dieser Situation sei es teilweise eben opportunistisch gewesen, «dass man darauf verzichtet hat, Untersuchungen gegen gewisse Leute anzustreben».
EU hat mehr Einfluss als UNO
Diese Woche ist der Kosovo Thema im UNO-Sicherheitsrat. Andreas Ernst rechnet nicht mit einer Verbesserung der Lage in dem Balkanstaat. «Langfristig stellt sich immer wieder die Frage nach der völkerrechtlichen Anerkennung Kosovos. Kurzfristig ist es aber nicht die UNO in New York, sondern die EU in Brüssel, die Einfluss auf die Verhältnisse im Kosovo und zwischen Serbien und Kosovo hat.»