Fünf Millionen palästinensische Flüchtlinge und ihre Nachkommen leben mittlerweile im Westjordanland und Gazastreifen, in Libanon, Jordanien und Syrien. Die UNRWA kümmert sich um diese Menschen. Sie leistet Nothilfe, organisiert den Schulunterricht, sorgt für medizinische Versorgung.
An dieser auf den ersten Blick unverfänglichen Arbeit gibt es aber auch Kritik: Die UNRWA sei nicht eine rein humanitäre Organisation, bemängeln etwa israelische und amerikanische Politiker. Sie betreibe auch eine einseitige, pro-palästinensische Politik.
«Wir nehmen die Vorwürfe ernst»
Sie beziehen sich beispielsweise auf palästinensische UNRWA-Mitarbeiter, die sich öffentlich oder in sozialen Medien feindselig gegenüber Israel geäussert haben sollen. Man nehme diese Vorwürfe ernst, sagt Manuel Bessler, der Chef der humanitären Hilfe der Schweiz.
UNRWA dürfe nicht politisieren, was sehr schwierig sei in diesem sehr politisierten Umfeld: «Wir nehmen diese Kritik sehr ernst und werden das zusammen mit dem Kommissar angehen.» Gemeint ist der derzeitige Generalkommissar der UNRWA, Pierre Krähenbühl. Der Schweizer führt das Hilfswerk seit März 2014.
Die Schweiz will also in den nächsten zwölf Monaten als Vorsitzende des Beratenden Ausschusses die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der UNRWA als unparteiische, humanitäre UNO-Organisation stärken.
Umstrittenes Lehrmaterial
Ganz wichtig ist auch der Bildungsbereich. 500'000 Schülerinnen und Schüler besuchen die Schulen der UNRWA. Doch auch hier gibt es immer wieder Kritik. Palästinensische Kinder würden politisch indoktriniert, lautet ein Vorwurf. Und es gebe problematische Schulbücher.
Wenn immer das vorkomme, müsse man etwas unternehmen, unterstreicht Bessler: «Wenn Passagen in einem Schulbuch problematisch sind, Hass predigen oder antisemitische Tendenzen aufweisen, muss man selbstverständlich einschreiten, und zwar sehr lautstark.»
Die Schwierigkeit ist, dass die UNRWA keine eigenen Schulbücher hat, sondern je nach Gebiet palästinensische, jordanische oder libanesische Schulmittel verwendet. Da müsse man eben auch bei den jeweiligen Bildungsministerien intervenieren, sagt Bessler.
Junge als bedeutende Aufgabe
Die UNRWA befindet sich in einem schwierigen Umfeld. Auch die Schweiz als aktuelle Vorsitzende des Beratergremiums muss sich zwischen verschiedenen diplomatischen Minenfeldern bewegen. Dazu betont Bessler: «Wenn es die UNRWA nicht gäbe, und auch keine UNRWA-Schulen, wäre die Lage im Nahen Osten noch schlimmer.» Ganz andere Dimensionen nähme die Lage nach seinen Worten an, wenn plötzlich ein halbe Million Jugendliche auf der Strasse irgendwelchen radikalen oder gar militanten Einflüssen ausgesetzt wären.
Doch für ihre Arbeit braucht die UNRWA auch Geld. Und das hat in den letzten Jahren häufig gefehlt. Deshalb muss sich die Schweiz bei ihrer neuen Aufgabe auch mit Budgetfragen beschäftigen. Bei Staaten und grossen Unternehmen um Spenden und Unterstützung werben ist der eine Weg. Gleichzeitig ist es nicht ausgeschlossen, dass das Palästina-Hilfswerk der UNO auch sparen und Personal abbauen muss.