Vor Tausenden Zuschauern in der Londoner Wembley Arena lieferte sich der Londoner Bürgermeister und EU-Befürworter Sadiq Khan gemeinsam mit anderen prominenten Brexit-Gegnern eine heftige verbale Auseinandersetzung mit seinem Amtsvorgänger Boris Johnson und weiteren Austrittsbefürwortern. Die Debatte über das Für und Wider eines Brexit wurde live im BBC-Fernsehen übertragen.
Gehört hat man wenig Neues, wie SRF-Korrespondent Urs Gredig meint. Das sei aber zwei Tage vor der Abstimmung auch nicht anders zu erwarten gewesen.
Ich würde aber sagen, dass es heute unentschieden ausgegangen ist. Das spricht für die Brexit-Befürworter.
«Was wir hörten und sahen, waren sehr engagierte Podiumsteilnehmer und sehr angriffige Voten», so Gredig. Vor allem Boris Johnson auf der Brexit-Seite zeigte sich angriffig, er war aber auch Ziel vieler Angriffe.
Bei der Debatte habe sich herausgeschält, dass die Brexit-Befürworter das Argument des Kopfes verwendeten, die Gegner das Argument des Herzens.
Es sei sehr viel mit Fakten gegen Emotionen debattiert worden, so Gredig. «Ich würde aber sagen, dass es heute unentschieden ausgegangen ist. Das spricht für die Brexit-Befürworter.»
Auswirkungen auf die Wirtschaft
Sadiq Khan machte sich zu Beginn der Debatte im Wembley-Stadion erneut für einen Verbleib in der EU stark. «Sie und Ihre Familie werden in der EU sicherer sein», sagte er in Richtung Zuschauer.
Im Falle eines Ausscheidens Grossbritanniens aus der EU sei die Angst vor möglichen negativen Auswirkungen auf die Wirtschaft durchaus angebracht.
Dem widersprach Boris Johnson. Er sieht für sein Land grosse wirtschaftliche Vorteile, wenn es die EU verlässt. Viele Unternehmen würden «leidenschaftlich raus aus der EU» wollen. Ebenso würden mit einem Austritt der Wohlstand zunehmen und mehr Arbeitsplätze geschaffen, meint Johnson.
Die EU sei eine «Job-Zerstörungsmaschine». Khan lässt das nicht gelten. 500'000 Jobs allein in London hingen an der EU, ruft er in Erinnerung.
Wie weiter mit der Zuwanderung?
Beim Streitpunkt Zuwanderung gingen die Meinungen der beiden Politiker erneut auseinander. «Was das Thema Zuwanderung angeht, war Ihr Wahlkampf nicht das `Projekt Angst`, sondern das ´Projekt Hass`», sagte Khan unter grossem Beifall.
Johnson betonte, er sei ein Befürworter von Immigration. Die Einwanderung müsse aber unter Kontrolle gebracht werden, daher müsse die Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-Bürger in Grossbritannien beendet werden.
«Bevölkerung nur erschrecken»
Khan gestand zwar ein, dass die Immigration zwar kontrolliert werden müsse, doch ein Austritt aus der EU sei nicht die richtige Lösung. Johnson wolle die Menschen nur erschrecken, sagte Kahn zu seinem Vorgänger als Bürgermeister von London.
Der Londoner Bürgermeister argumentierte, dass die Wirtschaft bei einem Brexit beschädigt würde und es so schwieriger werde, die Einwanderungszahlen zu kontrollieren.
Er sei stolz, mit der EU zusammenzuarbeiten, so Khan weiter. In Fragen zur Klimaveränderung, Terrorismus und vielen anderen Aspekten. So habe man dank der Zusammenarbeit bereits mutmassliche Terroristen geschnappt.
Am Donnerstag wird abgestimmt
Rund 6000 Zuschauer verfolgten den Anlass im Stadion, Gegner und Befürworter zu gleichen Teilen. Die Debatte wurde auf BBC live übertragen und dauerte bis 23 Uhr.
Der Tag, der über die Zukunft der Briten in der Europäischen Union entscheiden wird, rückt näher. Am Donnerstag dürfen die Stimmberechtigten ihr Urteil fällen. Das Ergebnis wird Freitagfrüh erwartet.