Das palästinensische Flüchtlingslager Jarmuk ist seit dem Sommer 2013 in einem Belagerungszustand. Verantwortlich dafür ist seit langem das syrische Regime, nachdem militante Gruppen eingedrungen waren. Dazu kamen vor geraumer Zeit weitere bewaffnete Milizen, darunter die Terrororganisation Islamischer Staat (IS).
Die Menschen in Jarmuk seien gefangen und ohne Wasser und Lebensmittel, berichtet Chris Gunness, Sprecher des UNO-Hilfswerks für Palästinenser (UNWRA). Zu gross sei die Angst, die Häuser zu verlassen, um sich mit dem Allernotwendigsten zu versorgen: «Es gibt Berichte über Bombardements und auch in den Strassen wird gekämpft.»
Kein Zutritt für Helfer und Journalisten
«Die Lage ist jenseits unserer Vorstellung», unterstreicht Gunness die Worte von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, der Stunden zuvor von einem drohenden Massaker an den Zivilisten sprach.
Umar Phiri ist Mitarbeiter beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Er befindet sich derzeit in Damaskus, wenige Kilometer vom Lager entfernt. Selbst die Helfer des IKRK haben derzeit keinen Zutritt.
Im Interview mit SRF sagt er: «Wir fordern sofortigen Zugang zum Camp, weil dort Menschenleben auf dem Spiel stehen und die Bevölkerung dringend Hilfe braucht. Stunde um Stunde verschlechtert sich ihre Lage. Es ist wichtig, dass dort endlich Hilfsgüter und Medikamente ankommen.» Alle beteiligten Parteien müssten ihre Zustimmung geben, damit die Helfer den eingeschlossenen Flüchtlingen rasch und ohne Gefahr helfen könnten, so der IKRK-Mitarbeiter.
Ruf nach sofortiger Waffenpause
Wie es im Lager genau ausschaut, kann man nur mutmassen. Die einzigen Bilder aus dem Camp stammen von der dem IS nahestehenden Agentur Amaq News. Sie zeigen Kämpfer des IS im Zentrum von Jarmuk. Die Echtheit lässt sich aber nicht überprüfen. Berichte, wonach die IS-Terrormiliz den grössten Teil des Lagers kontrolliere, hält Chris Gunness für möglich. Unter den 18'000 Eingeschlossenen seien auch 3500 Kinder.
«Diese Schwächsten und Verwundbarsten wie auch alle Zivilisten müssen so schnell wie möglich gerettet werden», fordert Gunness. Dazu brauche es eine sofortige Waffenpause und einen Zugang für die UNWRA, um die Menschen mit Medikamenten und Lebensmitteln zu versorgen. Wer das Lager verlassen wolle, müsse gehen können. «Man hat dem Drama schon viel zu lange zugeschaut», stellte Gunness fest.
Mit diesem Appell war UNWRA-Chef Pierre Krähenbühl kürzlich im UNO-Sicherheitsrat vorgestossen. Sein Aufruf richtete sich an alle beteiligten Parteien, die auf das Geschehen in Jarmuk Einfluss haben. Dies gelte insbesondere auch für die Geldgeber und Sponsoren der jeweiligen Milizen wie auch des syrischen Regimes.