SRF: Wie ist es der ukrainischen Regierung gelungen, Armee, Nationalgarde und Sicherheitsdienst zu stärken?
Margarete Klein: Zum einen wurden mehr Finanzmittel in die Sicherheitsstruktur gesteckt, nicht nur ins Militär, sondern auch in die Nationalgarde und den Geheimdienst. Das führt dazu, dass sie ihre Ausrüstung verbessern konnten. Zu Beginn des Konflikts war die Armee gar auf Spenden aus der Bevölkerung angewiesen. Die Leute haben beispielsweise Helme oder Schutzwesten gespendet. Auch das Training der Soldaten ist verbessert worden.
Ein Erfolg ist auch das koordinierte Vorgehen dieser drei Akteure. Vorher haben sie zum Teil unabhängig agiert. Auch das Problem mit den Milizen auf der pro-ukrainischen Seite ist wohl besser geworden. Sie waren teilweise gar nicht in die Kommandostruktur eingebunden.
Wie hat der Westen die Ukraine unterstützt?
Sicher durch die Beratungstätigkeit. Da geht es darum, Strukturen innerhalb der Armee zu verändern wie auch die Koordination mit den übrigen Sicherheitsakteuren zu verbessern. Der Westen liefert Ausrüstung wie zum Beispiel Schutzwesten. Teile der Armee und der Nationalgarde sind wirklich schlecht ausgerüstet. Eigentlich sind sie schutzlos im Kampf.
Die pro-russischen Kämpfer sollen von Russland unterstützt werden. Was ist da dran?
Das ist sehr intransparent. Beweise sind schwierig zu finden. Die russische Seite lässt jedenfalls Kämpfer und Lieferungen auf Lastwagen über die Grenze. Damit werden die pro-russischen Aufständischen indirekt unterstützt. Wie stark Russland mit eigenem Personal direkt involviert ist, ist schwer zu sagen. Russland schafft jedenfalls eine Umgebung, die es den Aufständischen ermöglicht, zu überleben und auch Legitimation zu erhalten.
Könnte die ukrainische Armee ohne diese Unterstützung relativ leicht gegen die Aufständischen vorgehen?
Im Moment hat die ukrainische Armee einige Erfolge vorzuweisen. Manche mögen darauf zurückzuführen sein, dass es Konflikte innerhalb der Aufständischen im Osten gibt. Das sind unterschiedliche Gruppierungen, mit unterschiedlichen Interessen. Für Moskau ist es sicherlich eine schwierige Gratwanderung, weil es einerseits versucht, nicht zu sehr hineingezogen zu werden, um keine Sanktionen zu riskieren. Zugleich will Russland vermeiden, dass die Aufständischen schnell geschlagen werden, weil sie ja dann ein Einflussinstrument in der Ukraine verlieren.
Es ist für Russland schwer, die Geister, die es gerufen hat, zu kontrollieren. In Russland selbst wird Putin durch die Nationalisten kritisiert, weil er angeblich die Separatisten zu wenig unterstützt. Die Unterstützung der Separatisten durch Russland scheint mir schon ein sehr wichtiger Faktor zu sein. Wenn diese Unterstützung wegfallen sollte, könnte die ukrainische Armee vermutlich relativ schnell Erfolge vorweisen.
Das Gespräch führte Lukas Mäder.