In der Debatte um eine flexiblere Auslegung des EU-Stabilitätspakts pochen vor allem Deutschland und die Niederlande auf Sparen und Stabilität. Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi verlangt dagegen, dass die Regeln «flexibel» ausgelegt werden.
Renzi will den Pakt flexibler handhaben, um Investitionen und Wachstum zu fördern. Das würde für Italien bedeuten, mehr Zeit auf dem Weg zu einem ausgeglichenen Budget zu bekommen. Investitionen in digitale Infrastruktur etwa sollen nicht in den Defizitberechnungen erscheinen – also nicht als Schulden aufgeführt werden.
«Das ist die falsche Debatte»
Das geht nicht, findet EU-Vize-Kommissionschef Siim Kallas: «Ausgaben können nicht von der Budgetdefizit-Berechnung ausgeklammert werden. Das ist etwas Grundsätzliches.»
Entschiedenen dagegen ist auch der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble. Er will die Debatte über den Euro-Stabilitätspakt gleich ganz beenden. «Sie ist eine falsche Debatte.» In den Beratungen mit seinen europäischen Amtskollegen habe es Konsens gegeben, «dass es keine Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes gibt». Es gebe auch bisher keinen Beweis, dass mehr Zeit für die Budgetsanierung bessere Ergebnisse bringe.
Renzi will vor allem Wachstum
Bisher wurde bei dem Pakt darauf Wert gelegt, dass die EU-Länder die jährliche Neuverschuldungshürde von drei Prozent nicht überschreiten. «Renzi will dies zwar so belassen», erklärt SRF-Korrespondent Massimo Agostinis.
Für den jungen Ministerpräsidenten stehe aber das Wachstum im Vordergrund. «Er schlägt deshalb vor, dass der Staat für eine gewisse Zeit mehr Geld ausgibt, damit die Wirtschaft in Schwung kommt.» Danach würde das Budget wieder eingehalten, erklärt Agostinis.
Damit spricht Renzi mehreren anderen südeuropäischen Ländern aus dem Herzen. Er hatte schon beim EU-Gipfel Ende Juni durchgesetzt, dass diese Länder mehr Spielraum bei der Haushaltssanierung erhalten sollen.
Roms EU-Ratspräsidentschaft hilft kaum
Italien führt seit Monatsbeginn turnusgemäss bis Ende des Jahres den EU-Ratsvorsitz. Die Bedeutung dieses Vorsitzes dürfe man aber nicht überschätzen, sagt Agostinis. «Es ist nicht mehr dieses machtvolle Amt, wie das früher noch der Fall war.» In den sechs Monaten könne man diesen «europäischen Dampfer» nicht völlig umkehren.