Als bislang höchster chinesischer Politiker muss sich der ehemalige Sicherheitschef Zhou Yongkan wegen Korruption und Geheimnisverrats vor Gericht verantworten. Wie der Generalstaatsanwalt mitteilte, sei die Anklage gegen das frühere Mitglied im mächtigen Ständigen Ausschuss des Politbüros der Kommunistischen Partei vor dem Ersten Volksgericht in Tianjin eingereicht worden.
Bestechung, Machtmissbrauch, Geheminisverrat
Wann der Prozess beginnen soll, ist unklar. Dem 72-Jährigen werden, wie Staatsmedien berichten, «Bestechung, Machtmissbrauch und die absichtliche Weitergabe von Staatsgeheimnissen» zur Last gelegt. Zhou habe, so der Vorwurf, seine Posten missbraucht, um anderen Vorteile zu gewähren. Ausserdem habe er «grosse Mengen» an Geld und Immobilien angenommen.
Die Nachrichtenagentur Xinhua zitierte weiter aus der Anklageschrift, dass Zhous Verbrechen «aussergewöhnlich schwer» und die gesellschaftlichen Auswirkungen «schlimm» gewesen seien. Und auch der Staatsverrat sei, so die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft, «besonders ernst» zu nehmen.
Einer der wichtigsten Führer Chinas
Zhou Yongkang, der bereits im Dezember aus der Partei ausgeschlossen worden war, herrschte bis 2012 über den gesamten Sicherheitsapparat mit Polizei und Staatssicherheit und galt als einer der wichtigsten Führer Chinas.
Vor seinem Aufstieg im Sicherheitsapparat war Zhou Yongkang Chef des Ölkonzerns CNPC und hatte an der Spitze der Ölindustrie ein Netz von Beziehungen aufgebaut. Diese hatte er genutzt, um für sich und seine Familie ein riesiges Vermögen anzuhäufen. Seine Frau, seine beiden Söhne sowie deren Geschäftsfreunde sind im Zuge der Ermittlungen gegen Zhou indessen in Haft genommen worden.
Ein Fall mit Präzedenzcharakter?
Der Prozess gegen den einst mächtigen Zhou Yongkang könnte Präzedenzcharakter haben. Denn Zhou ist das erste Mitglied des engsten Machtzirkels, das der Anti-Korruptions-Kampagne des neuen Staats- und Parteichefs Xi Jinping zum Opfer fällt.
Und wie dieser hat verlauten lassen, will er in seinem Kampf gegen Korruption nicht nur gegen «Fliegen» – gegen einfache Funktionäre vorgehen. Er will auch mächtige «Tiger» zur Rechenschaft ziehen – was ihm viel Sympathie im Volk einbringt.
Nach Ansicht von Experten richtet sich Xis Feldzug aber auch gegen parteiinterne Gegner, zumal sich zunehmend Widerstand mächtiger Interessengruppen gegen die neue Führung formiert. Verschiedene hohe Politiker und Militärführer, die mit Zhou Yongkang in Beziehung standen, sind bereits gestürzt worden.