Ungeachtet weltweiter Kritik und Boykott-Drohungen hat Fifa-Präsident Joseph Blatter den 65. Kongress des Fussball-Weltverbandes eröffnet.
Zwar steht die Fifa nach den skandalösen Entwicklungen mit Festnahmen und Suspendierungen weltweit am Pranger. Blatter kann sich nach den turbulentesten Stunden seiner Dauer-Regentschaft dennoch auf eine fünfte Amtszeit einrichten. «Sie werden mir zustimmen, dass dies beispiellose und schwierige Zeiten für die Fifa sind», sagte der Schweizer zu Vertretern der 209 Mitgliedsverbände.
«Fehlverhalten einiger weniger»
Es dürfe nicht sein, dass die «Handlungen von einigen wenigen» das Ansehen all jener in den Schmutz ziehen, die hart für den Fussball arbeiten. Jene, die betrügen müssten gefasst werden und für ihre Handlungen belangt werden – egal auf welcher Hierarchiestufe.
Er, Blatter, könne nicht zu jeder Zeit alle Beteiligten beobachten – werde aber gern dafür verantwortlich gemacht. Ungeachtet dessen werde die Fifa mit den Behörden kooperieren. Blatter rief auf, dieses Ereignis als Wendepunkt zu sehen.
Wiederwahl auf Kurs
Am Freitag stellt sich der 79-Jährige zur Wiederwahl. Der Kongress kann wie geplant stattfinden. Der umstrittene Schweizer kann wahrscheinlich mit seiner Wiederwahl rechnen – die fünfte Amtszeit in Folge. Die europäische Anti-Blatter-Fraktion wird die Vollversammlung und die Präsidentschaftswahl entgegen erster Überlegungen nicht boykottieren. Sie will aber den jordanischen Gegenkandidaten Prinz Ali bin al-Hussein mit so vielen Stimmen wie möglich unterstützen.
Uefa-Präsident Michel Platini hatte Blatter erfolglos zum Rücktritt aufgefordert. «Ich habe ihm gesagt: ‹Bitte verlasse die Fifa. Lass es sein›», berichtete der Franzose auf einer Pressekonferenz von der Unterredung mit Blatter und ergänzte: «Es wäre ein Zeichen von Grösse gewesen. Fussball ist wichtiger als Personalien, aber er hat gesagt: ‹Es ist zu spät. Ich kann nicht aufhören, nicht zu Beginn dieses Kongresses.›»
Verzichtet Europa auf WM-Teilnahme?
Für den Fall eines Blatter-Sieges baute Platini eine bislang nicht gekannte Drohkulisse auf und schloss sogar einen WM-Verzicht aller Europäer grundsätzlich nicht aus. Bei einer Sondersitzung rund um das Champions-League-Finale in Berlin werde man in der kommenden Woche «alle Möglichkeiten ins Auge fassen». Auf Nachfrage konkretisierte er, dass er einen WM-Boykott nicht ankündige, aber dass es «demokratische Entscheidungen» der Landesverbände geben werde.
Für einen Boykott des Kongresses gab es unter den Europäern offenbar keine Mehrheit. Einige Verbände sind sogar pro Blatter. Platini hofft auf 45 bis 46 der insgesamt 53 europäischen Voten für Prinz Ali. Damit dürfte Blatter die Mehrheit von mindestens 105 Stimmen sicher sein.