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Eine Nahaufnahme von Mark Pieth
Legende: Mark Pieth Er wurde von der Fifa beauftragt ....... Keystone

International «Jetzt überlegt sich die Fifa wohl ernsthaft einen Wegzug»

Dubai, Singapur, Katar: Dort könnte sich der Weltfussballverband Fifa künftig wohler fühlen als in der Schweiz. Und sich darum ernsthaft überlegen, seinen Sitz von Zürich weg zu verlegen. Das sagt der Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth im Tagesgespräch mit Radio SRF.

Der Korruptionsfachmann Mark Pieth kennt die Fifa gut. Von 2011 bis 2013 versuchte er im Auftrag von Fifa-Chef Sepp Blatter Reformen anzuschieben, was ihm nur teilweise gelang.

Schweizer Justiz untersucht WM-Vergaben

Für Pieth ist klar: Obwohl die Razzia der Bundesanwaltschaft am Fifa-Sitz auf eine eigene Anzeige der Fifa im letzten Herbst zurückgeht, hat die Aktion Signalwirkung: Sie zeige der Fifa, dass auch die Schweizer Justiz ernsthaft untersuchen wolle, ob bei der Vergabe der Fussball-WM an Russland und Katar Korruption im Spiel war.

Anders könne sich Pieth nicht erklären, warum man bei einem angeblichen Opfer eine Razzia durchführe: «Normalerweise ist das Opfer interessiert, das Material freiwillig rauszugeben, um seinen Standpunkt zu untermauern. Aber offenbar hatte die Justiz diesbezüglich Bedenken und hofft, unter dem beschlagnahmten Material Sachen zu finden, welche die Fifa belasten.»

Erstmals ein ernsthafter Player

Pieth glaubt, dass die jüngsten Ereignisse neuen Schwung in die stockenden Reformen bei der Fifa bringen. Denn bis jetzt hätten vor allem Medien und Fans die Fifa kritisiert und unter Druck zu setzen versucht, was diese aber nicht wirklich ernst genommen habe.

Doch jetzt sei die Ausgangslage anders: «Mit den Strafverfolgungsbehörden tritt plötzlich ein neuer Player auf, der in der Lage ist, einen weltweit in Schwierigkeiten zu bringen. Und diesen Player muss die Fifa ernst nehmen.» Die Chance stehe gut, dass es jetzt zum wichtigen kulturellen Umschwung in der Fifa kommen könnte, so Pieth.

Mit dem Eingreifen der Ermittlungsbehörden wird das Klima für die Fifa auch in der Schweiz nun rauer. Unter denen gegebenen Umständen hält Pieth einen Wegzug der Fifa aus Zürich nicht mehr ausgeschlossen. «Ich kann mir vorstellen, dass entsprechende Überlegungen schon gemacht wurden», sagt Pieth. Als mögliche Orte nennt er, Dubai, Singapur, Katar.

Pieth stimmt nicht in Blatter-Bashing ein

Er habe keine Lust, nun auf Fifa-Chef Blatter rumzuhacken, sagte Pieth gegenüber Radio SRF. Denn wer jetzt glaube, ohne Blatter werde alles besser, der liege falsch:

«Das Unternehmen Fifa hat grosse Probleme und zwar unabhängig von der Figur an der Spitze. Es ist gut möglich, dass es mit einem neuen Fifa-Chef genau gleich weitergeht.» Denn jeder, der jetzt neu komme, müsse zuerst seine Machtbasis etablieren.

Entsprechend geht Pieth davon aus, dass Blatter am Fifa-Kongress morgen Freitag wiedergewählt wird. Auch wenn Blatters Ruf natürlich nicht besser werde.

Sponsoren ziehen Reissleine nicht

Mit Blick auf die immer währenden Turbulenzen bei der Fifa und der lauten Kritik, der der Weltfussballverband ausgesetzt ist, findet es Mark Pieth erstaunlich, dass die Sponsoren noch nicht genug haben. «Es geht offensichtlich um sehr viel Geld!» Anders sei die Untätigkeit der Geldgeber nicht zu erklären.

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