Angetreten war Barack Obama mit dem Versprechen, die US-Militäreinsätze im Irak und Afghanistan zu beenden und den Blick nach Innen zu wenden. Im Syrien-Konflikt zog er eine viel zitierte «rote Linie» für Bashar al-Assad – eine Reaktion auf den mutmasslichen Giftgaseinsatz gegen die eigene Bevölkerung blieb aus, die Gewaltspirale drehte sich weiter.
Im Herbst seiner Präsidentschaft rückt Obama nun von seiner zögerlichen Haltung gegenüber Militärschlägen ab. Grund dafür: Das brutale Vorgehen des «Islamischen Staats» (IS), der im eigenmächtig ausgerufenen Kalifat einen Vernichtungsfeldzug gegen ethnische Minderheiten und Andersgläubige führt.
Am Tag bevor sich die Anschläge vom 11. September 2001 zum 13. Mal jähren, will Obama seine Strategie gegen die IS nun erläutern.
Ausweitung der Luftschläge auf Syrien?
Obama erwägt, die Militärschläge gegen IS-Stellungen vom Irak auf das benachbarte Syrien auszuweiten. Es dürfte ihm bei der Ansprache darum gehen, die Amerikaner nach dem 2003 begonnenen Irakkrieg mit mehr als 4400 getöteten US-Soldaten auf einen weiteren längerfristigen Einsatz einzustimmen.
Und er muss seinen Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen. Sie werfen ihm eine zaghafte Reaktion auf den IS-Vormarsch vor. Einen Einsatz von bewaffneten US-Bodentruppen im Irak und Syrien hat Obama mehrfach ausgeschlossen.
Einer neuen CNN-Umfrage zufolge sind drei Viertel der US-Bürger dafür, die Militärschläge gegen IS-Stellungen fortzusetzen. Sieben von zehn Amerikanern befürchten, der IS könnte die USA direkt mit Terroranschlägen angreifen.
Mahnende Worte aus dem Beraterstab
Aber es gibt auch Stimmen, die zur Vorsicht mahnen. Einer von Obamas Beratern, der Politikwissenschaftler Zbigniew Brzezinski, riet zu Zurückhaltung im Kampf gegen die Terrorgruppe. «Obama wurde in die Enge getrieben. Ohne zu überlegen, fordern viele eine amerikanische Militäraktion aus der Luft und auf dem Boden», sagte er in einem Interview der Deutschen Welle.
«Obama wurde in die Enge getrieben. Ohne zu überlegen, fordern viele eine amerikanische Militäraktion aus der Luft und auf dem Boden»
Die USA hätten allen Grund, sehr vorsichtig zu sein. «Aber reagieren müssen sie – als Teil einer grösseren Koalition, in der die Rolle Amerikas genau definiert ist», betonte Brzezinski.
US-Aussenminister John Kerry will bei einer Reise nach Jordanien und Saudi-Arabien um weitere Unterstützer für den Kampf gegen den IS werben. Die USA hoffen, nach der beim Nato-Gipfel in Wales gebildeten Zehner-Koalition, zu der auch Deutschland gehört, auch Staaten aus der Region auf ihre Seite zu ziehen.
Iraks neue Regierung geeint im Kampf gegen IS?
Obama hält seine abendliche Rede (Donnerstag 3:00 Uhr MESZ) kurz nach der lange erwarteten Regierungsbildung im Irak. Der neue Ministerpräsident Haidar al-Abadi äusserte sich entschlossen, alle Terrorgruppen aus dem Land zu treiben.
Im umkämpften Irak wächst mit der Regierungsbildung die Hoffnung, dass der Kampf gegen die Sunnitenmiliz auch politisch stärkeren Rückhalt bekommt. Das mit Schiiten, arabischen Sunniten und Kurden besetzte Kabinett von Ministerpräsident Al-Abadi traf sich am Dienstag zu seiner ersten Sitzung.
Nach einem monatelangen Machtkampf hatte das Parlament am späten Montagabend die neue Regierung und Al-Abadis Programm gebilligt.