Tief rot sind die Zahlen, die der neue Finanzminister Bill Morneau im Parlament präsentiert. Und sie sollen lange rot bleiben, also im Minus.
Im Herbst hatte die kanadische Regierung noch versprochen, nach fünf Jahren keine neuen Schulden mehr zu machen, das Budgetdefizit innert fünf Jahren auszugleichen. Doch nun sollen die Schulden der Bundesregierung wachsen, bis im Jahr 2020 um nicht weniger als 113 Milliarden.
Dafür habe man zwei andere Wahlversprechen eingehalten, sagte Morneau gegenüber dem Fernsehsender CBC: Die Regierung habe den Auftrag erhalten, etwas für die Mittelklasse zu tun und in die Zukunft zu investieren. Genau damit habe man angefangen.
Mehr Kindergeld
Ein populärer Pfeiler dieser neuen Politik ist laut Morneau das Kindergeld: Neun von zehn Familien mit Kindern würden mehr Geld bekommen, im Durchschnitt etwa 2300 Dollar pro Jahr.
Mehr Geld ausgeben will die Bundesregierung zudem für Brücken, Strassen, Kanäle, Wasserversorgungs- und Kläranlagen. Investiert werden soll auch in Köpfe: Zum Beispiel sollen die Stipendien für Studierende verdoppelt werden.
Mehr Mittel für die Ureinwohner
Auch die Ureinwohner sollen von den zusätzlichen Ausgaben profitieren. Die Verhältnisse auf ihren Reservaten erinnern oft an Afrika oder Lateinamerika. Es gibt oft keine Arbeit und damit keine wirtschaftliche Perspektive für die rasch wachsende Bevölkerung.
Nur zwei von fünf Indianerkindern schliessen die obligatorische Schule ab. Die Schulgebäude sind in schlechtem Zustand, ebenso die Wohnhäuser. In über 100 Gemeinden gibt es kein sauberes Trinkwasser, teilweise seit Jahren.
Hier hat sich ein gigantischer Nachholbedarf angestaut. Das zusätzliche Geld, 8,4 Milliarden Dollar in den nächsten fünf Jahren, ist nicht mehr als ein Anfang.
Morneau: gut investiertes Geld
Doch kann sich Kanada das alles leisten? Die Regierung setzt darauf, dass ihre Politik die Wirtschaft belebt. «Jeder Dollar, der in die Infrastruktur investiert wird, löst erfahrungsgemäss mehr als einen Dollar an wirtschaftlicher Aktivität aus», sagt Finanzminister Morneau.
Deshalb, so die Prognose, werde sich das Verhältnis der Staatsschulden zur Wirtschaftsleistung bis 2020 kaum verändern. Diese Kennzahl liegt derzeit bei 31 Prozent. Eine Zahl, die fast jeden europäischen Finanzminister vor Neid erblassen lässt. Kanada hat Spielraum, und den will die Regierung von Premierminister Justin Trudeau jetzt nutzen.