Die Aussenminister Russlands, der USA, der Ukraine und die Aussenbeauftragte der EU haben am Donnerstag in Genf mehr oder weniger über die Köpfe der Direktbetroffenen hinweg diskutiert. Denn: Weder die Maidan-Bewegung – die bis zur Präsidentenwahl mit ihrem Zeltlager im Stadtzentrum von Kiew ausharren will – noch die pro-russischen Aktivisten in der Ostukraine fühlen sich an die Vereinbarung von Genf gebunden.
Die Bewaffneten in Kramatorsk, Slawiansk oder Donetsk beispielsweise dürften sich damit schwer tun, ihre Waffen den ukrainischen Sicherheitsbehörden freiwillig zu übergeben. Sie wollen ihre Stellungen erst räumen, wenn sie ihre Forderungen erfüllt sehen.
Zwar hat sich die Übergangsregierung in Kiew bereit erklärt, sich einer Verfassungsänderung anzunehmen, im Parlament über eine Föderalisierung des Landes zu debattieren und den entsprechenden Verfassungsvorschlag dann beim Volk zur Abstimmung zu bringen. Doch dieser Prozess benötigt Zeit.
Je länger der bewaffnete Konflikt und die Scharmützel in der Ostukraine aber andauern, umso mehr verhärten sich die politischen Fronten – umso schwieriger dürfte es werden, friedlich zu einem politischen Kompromiss zu finden.
Bewegungslosigkeit kommt Kreml entgegen
Der amerikanische Aussenminister John Kerry hat Russland aufgefordert, besänftigend auf die Aktivisten in der Ostukraine einzuwirken. Doch Russland zeigt sich unbeeindruckt und erklärt, mit den Besetzungen dort gar nichts zu tun zu haben. Wie einst auf der Krim.
Russland dürfte eine Zuspitzung der Situation in der Ostukraine obendrein entgegenkommen. Je mehr sich die Fronten dort verhärten, umso schneller dürften sich die Forderungen des Kremls durchsetzen lassen.
Russland setzt alles daran, dass sich zumindest die Ostukraine wirtschaftlich und politisch mehr auf Russland ausrichtet. Auch wenn sich die Bevölkerung dort mehrheitlich keinen Anschluss an Russland wünscht. Doch auch dies dürfte – zumindest an einigen Orten – mit entsprechender Propaganda noch beeinflusst werden können.
Moskau dürfte zudem an einem direkten Landzugang zur Krim-Halbinsel – vielleicht auch bis ins moldawische Transnistrien – interessiert sein. Es bleibt also denkbar, dass im Kreml nicht nur über eine politisch destabilisierte Ukraine, sondern auch über einen weiteren Territorialgewinn nachgedacht wird. Auch wenn davon kürzlich in Genf wohl kaum die Rede gewesen sein dürfte.
(srf/schubeca)