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International Katalanen streben weiterhin Alleingang an

Das «Nein» der Schotten hat die separatistischen Bestrebungen in Katalonien nicht dämpfen können. Das Regional-Parlament in Barcelona tat jetzt einen wichtigen Schritt in Richtung eines äusserst umstrittenen Unabhängigkeitsreferendums.

Artur Mas stand die Enttäuschung über das schottische Nein ins Gesicht geschrieben. Doch trotz der Niederlage der schottischen Separatisten – der Kampf für die Unabhängigkeit seiner Region, der wirtschaftsstärksten Spaniens, geht für den katalanischen Regierungschef weiter.

Freude in Madrid

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Spaniens Regierung hat das Ergebnis des schottischen Referendums gefeiert. Ministerpräsident Mariano Rajoy beglückwünschte die Schotten zum Verbleib im Vereinigten Königreich. Mit der Entscheidung seien «schlimme wirtschaftliche, soziale, institutionelle und politische Folgen einer Trennung» vermieden worden, sagte er in Madrid.

«Wer glaubt, das Nein in Schottland könnte uns bremsen, irrt sich. Unser Weg fusst auf dem demokratischen Prinzip, zu wählen», sagte Mas bei einer Rede in Barcelona. In einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union habe man sich darauf geeinigt, zu wählen. «Das ist der gute Weg, Konflikte zu lösen. Wir fühlen uns darum bestätigt.»

Das Parlament der wirtschaftsstärksten Region des Euro-Landes hat am Abend in Barcelona ein Gesetz zur Anberaumung des umstrittenen Unabhängigkeitsreferendums angenommen. Für das sogenannte Befragungs-Gesetz stimmten 106 Abgeordnete von insgesamt fünf Parteien oder Bündnissen. Lediglich die 28 Vertreter der in Madrid regierenden konservativen Volkspartei (PP) sowie der antinationalistischen Bewegung Ciutadans votierten dagegen. Auf dieser Grundlage will Mas anschliessend das Referendum für den 9. November ausrufen.

Verfassungsänderung nötig

Allerdings hat Spaniens Regierung längst beim Verfassungsgericht einen Eilantrag dagegen vorbereitet. Denn die Verfassung verbrieft den Regionen zwar das Recht auf Autonomie, spricht aber auch von der «unauflöslichen Einheit der spanischen Nation».

Verfassungsrichter Emilio Pajares von der Universität Carlos III. meint darum: «Gegenwärtig kann keine autonome Region Spaniens ein Referendum über ihre Unabhängigkeit abhalten. Wir müssten dafür die Verfassung ändern.» Man könnte also auch die Unteilbarkeit Spaniens aufheben, argumentiert er. Dies jedoch nur im spanischen Parlament und mit einem Referendum in ganz Spanien.

Mas betont dagegen immer wieder, die Katalanen seien schliesslich ein Volk und hätten das Recht auf Selbstbestimmung. «Es gibt ein katalanisches Volk als Teil des spanischen Volks: Die Bevölkerung der autonomen Region Katalonien, mit den von der Verfassung zugestandenen Kompetenzen», erklärte er.

Natürlich gehe auch in Spanien die Gewalt vom Volke aus. Aber ein Teil dieses Volkes könne nicht unilateral entscheiden, sich vom Rest zu trennen. «Das gehört nicht zur Verfassungsordnung.»

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Diese liesse sich aber durchaus ändern, meint der Verfassungsrechtler Pajares. Denn für eine Reform des Grundgesetzes sind etwa Spaniens Sozialisten. Eine Länderkammer oder ein Verbot an die Zentralregierung, in die Kompetenzen der Regionen hineinzuregieren, könnten den Druck aus der Debatte nehmen und die Einheit Spaniens retten, glauben sie.

Wer glaubt, das Nein in Schottland könnte uns bremsen, irrt sich.
Autor: Artur Mas Regierungschef Kataloniens

Doch auch darüber will die Regierung in Madrid nicht mit sich reden lassen – und verschärft damit den Konflikt, ist Mas überzeugt. «Der grosse Fehler, zu glauben, einen solchen politischen Prozess mit legalen Mitteln blockieren zu wollen, wird jeden Tag grösser. Das löst nichts. Jedes Nein aus Madrid weckt nur noch mehr Widerwillen gegen diesen Staat, der uns nicht abstimmen lässt.»

So sei absehbar, was letztlich geschehen werde: Das Verfassungsgericht wird das geplante Referendum verbieten. Für diesen Fall hat Mas schon einmal mit Neuwahlen in Katalonien gedroht. Den Parteien, die für die Unabhängigkeit eintreten, wäre eine grosse Mehrheit gewiss.

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