Die syrischen Bürgerkriegsparteien sollen am Freitag zum ersten Mal miteinander über eine Friedenslösung für ihr verwüstetes Land sprechen. Ein Durchbruch ist nach fast dreijährigen Auseinandersetzungen mit mehr als 130‘000 Toten jedoch nicht in Sicht.
«Keinerlei politischen Fortschritte»
Politische Fortschritte seien in den nächsten Tagen keine zu erwarten, sagt Markus Kaim gegenüber SRF. Der Spezialist für Sicherheitspolitik bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin betont: «Es wäre schon ein ganz grosser Fortschritt, wenn wir auf humanitärer Ebene weiterkämen.» Unter Fortschritt verstehe er alles, was den Menschen in Syrien ihr Schicksal erleichtern könnte – etwa Waffenruhen an den verschiedenen Fronten oder die Versorgung der mehreren Millionen Binnenflüchtlinge.
Die politischen Ziele der Gespräche in Genf sind vorgegeben. Die USA und Russland hatten sie im Juni 2012 in einem Aktionsplan formuliert. Kernpunkte sind ein Waffenstillstand und die Bildung einer Übergangsregierung mit Vertretern beider Seiten.
Sicherheitsexperte Kaim bezweifelt jedoch, dass sie erreicht werden können. Die internationale Gemeinschaft habe die Vereinbarungen über die Köpfe der syrischen Konfliktparteien hinweg getroffen. «Insofern waren sie nie an der syrischen Wirklichkeit geerdet worden.»
«Assad fester im Sattel denn je»
Zudem habe sich die Lage in Syrien seither dramatisch verändert. Wegen des Kräfteverhältnisses im Militär konnte man laut Kaim damals noch davon ausgehen, dass es zu einem Sturz des Regimes kommen wird. Davon seien wir heute weit entfernt.
Kaim ist überzeugt, dass Assad nicht zuletzt wegen des Chemiewaffenabkommens vom September fester im Sattel sitzt denn je. «Auf absehbare Zeit scheint mir kein Weg an ihm vorbeizuführen. Das könnte ein Stolperstein in den gesamten Verhandlungen sein, denn die Rebellen fordern, dass Assad in einer Übergangsregierung nicht vertreten sein dürfte.
Dauer der Gespräche unbestimmt
Wie lange die Verhandlungen dauern, ist völlig offen. Ebenso, wie sie genau ablaufen. Vermutlich werden sich die Konfliktparteien bei der Eröffnung der Gespräche von UNO-Vermittler Lakhdar Brahimi zunächst kurz an einen Tisch setzen und sich dann auf zwei separate Räume aufteilen. Brahimi wird immer wieder zwischen diesen beiden pendeln.
Immerhin: Es ist ein Beginn. Oder wie es Ahmad al-Dscharba ausdrückt, der Anführer des Oppositionslagers in Genf: Auch ein Weg, der tausend Kilometer lang ist, beginnt mit einem einzigen Schritt.