In zwei Wochen wählen die Ägypter einen neuen Präsidenten. Eine wirkliche Entscheidung treffen können sie aber nicht. Die Fronten sind klar; viele Ägypter wünschen sich lieber Verhältnisse wie unter Mubarak, als weiterhin Instabilität und Unsicherheit. SRF-Korrespondent Pascal Weber erzählt.
In Kairo sind bei einem Anschlag auf eine Wahlkundgebung für den Favoriten der Präsidentenwahl, Abdel Fattah al-Sisi, mindestens vier Menschen verletzt worden. Ein Mann habe die selbst gemachte Bombe auf die Anhänger von Sisi geworfen, verlautete aus Sicherheitskreisen. Sisi selbst war bei der Veranstaltung nicht anwesend.
SRF News Online: Wie ist die Stimmung vor den Wahlen?
SRF-Korrespondent Pascal Weber: Die Ägypter sind erschöpft von all den Turbulenzen seit 2011. Die meisten wollen nur noch Ruhe und Stabilität. Dafür nehmen sie auch ein Regime in Kauf, welches mit genauso harter Hand vorgeht wie früher Hosni Mubarak. Die wöchentlichen Anschläge von islamistischen Gruppierungen gegen die Staatsmacht bestärken dieses Gefühl noch.
Wie präsentiert sich der Wahlkampf?
Wahlkampf gibt es praktisch keinen. Für die meisten Ägypter gibt es keine Zweifel, dass der frühere Armeechef Abdel Fattah al-Sisi gewinnen wird. Dieser wiederum hat sich entschieden, gar keinen Wahlkampf zu führen. Er gab ein paar ausgewählten TV-Sendern und Zeitungen einige wenige Interviews, das war's. Ein politisches Programm hat er dabei nicht zu erkennen gegeben. Alles, was er verspricht, ist Sicherheit und Stabilität – also genau das, was die Leute hier hören wollen.
Es gibt ja gar keine eigentliche Opposition, oder?
Der einzige Herausforderer, Hamdeen Sabahi, tut sich schwer, sich nur schon Gehör zu verschaffen. Wenn er 30 Prozent der Stimmen erhalten sollte, wäre dies schon ein riesiger Erfolg – zumal sich wichtige Oppositionsgruppen wie beispielsweise die Revolutionsbewegung «6. April» oder die Anhänger des gemässigten Islamisten Aboul Fottouh für einen Wahlboykott ausgesprochen haben.
Welche Rolle spielen die Muslimbrüder?
Die Muslimbrüder spielen zurzeit überhaupt keine Rolle mehr – mit Betonung auf «zurzeit». Die Bewegung ist als terroristische Organisation verboten worden, ihre Anführer sitzen im Gefängnis oder sind auf der Flucht, die Anhänger werden mit Massenprozessen und Massen-Todesurteilen eingeschüchtert. Ex-Armeechef Sisi verspricht den Leuten, dass es eine «Muslimbruderschaft» unter seiner Präsidentschaft nicht geben werde.
Doch die Muslimbrüder werden ihr Comeback «feiern»?
Ich finde es reichlich naiv zu glauben, dass man eine mehr als 80 Jahre alte Idee mit Waffengewalt und Todesurteilen einfach so aus der Welt schaffen könnte. Im Gegenteil, die Islamisten erhalten so nur noch mehr Zulauf. Zudem geschieht hier etwas auf längere Sicht ganz Gefährliches: Die Menschen entziehen sich immer mehr dem Staat.
Pascal Weber
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Seit 1999 arbeitet Weber für SRF. Als Redaktor und Produzent war er zunächst in der Sportredaktion tätig, danach bei «10vor10». Seit September 2010 ist er Korrespondent im Nahen Osten. Folgen Sie ihm auf
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Beispiel Justiz: Diese hatte unter Mubarak wenigstens noch halbwegs den Ruf, unabhängig und zum Schutz der Bürger da zu sein. Mit den massenhaften Todesurteilen der letzten Monate verliert die Justiz diesen Ruf gänzlich. Wenn die Menschen vom Staat aber nicht mehr erreicht werden können, ist dieser am Ende nicht mehr funktionsfähig und wird zum gescheiterten Staat.
Wie sieht es in punkto Sicherheit aus? Es gibt ja immer wieder Anschläge.
Sisi ist für die Anhänger von Ex-Präsident Mursi ein rotes Tuch. Die Wahlen an sich sind für sie ein Affront. Das heisst, es dürfte rund um die Wahlen und auch danach zu vermehrten Versuchen kommen, den Prozess zu stören, auch mit Gewalt. Generell hat sich die Lage im Vergleich zum letzten Herbst zwar etwas beruhigt, die Anschläge richten sich zudem gezielt gegen die Staatsgewalt, aber ich erwarte keine ruhigen Wahlen.
Haben die Menschen noch Hoffnung auf Besserung?
Sie haben sogar eine übertriebene Hoffnung. Und genau das ist das nächste Gefährliche: Viele Menschen hier hoffen, mit Sisi als Präsident werde sofort alles besser. Das wird es natürlich nicht, und deshalb wird hier nur der Grundstein für die nächste Revolte gelegt.
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