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Auf einem TV-Monitor in Seoul läuft ein Bericht über die Hinrichtung in Nordkorea.
Legende: Die Berichte über die «eigenwillige» Hinrichtung des Ministers gelangten über Südkoreas Geheimdienst an die Medien. Reuters

International Kim Jong Un lässt «respektlosen» Verteidigungsminister hinrichten

Das Regime in Pjöngjang hat offenbar seinen Militärchef exekutiert – mit einer Flugabwehrkanone. Diese «Ehre» soll hochrangigen Regierungsvertretern vorbehalten sein.

Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un hat nach Geheimdienstinformationen seinen Verteidigungsminister Hyon Yong Chol abgesetzt und vor Publikum hinrichten lassen. Der Exekution des Ministers mit Flugabwehrgeschützen hätten Hunderte Behördenvertreter zugesehen. Dies sagte der Vize-Chef des südkoreanischen Geheimdienstes NIS, Han Ki Beom, vor einem Parlamentsausschuss. Hyon war zu Kims engsten Umfeld gezählt worden.

NIS-Vize Han sagte, mit der Hinrichtung am 30. April in einer Militärakademie im Norden von Pjöngjang sei Hyon für «Untreue und Respektlosigkeit» gegenüber Nordkoreas Staatschef Kim Jong Un bestraft worden.

Halbes Dementi

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Südkoreas Geheimdienst NIS will die Hinrichtung offiziell nicht bestätigen. Der Minister sei zwar entlassen worden, Informationen über eine Hinrichtung hätten aber bisher nicht verifiziert werden können. Der NIS hat eine durchwachsene Bilanz, was die Qualität seiner Berichte angeht. Einige Angaben erwiesen sich in der Vergangenheit als falsch.

Der Minister sei dabei ertappt worden, wie er bei offiziellen Militärveranstaltungen eindöste. Ausserdem habe er Kim Widerworte gegeben. Laut unbestätigten Berichten aus Geheimdienstquellen beging Hyon einen nicht näher spezifizierten Verrat.

Satellitenbilder zeigen Hinrichtungsplatz

Die Exekution in der Militärakademie wurde den Angaben zufolge mit Flakfeuer vollzogen. Unbestätigten Berichten zufolge ist im kommunistischen Nordkorea diese Methode hochrangigen Regierungsvertretern vorbehalten, an denen die Führung ein Exempel statuieren will.

Im April hatte die in den USA ansässige Organisation Commitee for Human Rights in Korea Satellitenbilder von Mitte Oktober veröffentlicht, die die Militärakademie zeigten. Zu sehen war eine Schiessanlage mit Flugabwehrgeschützen, die offenbar in Vorbereitung einer Hinrichtung aufgereiht waren.

Ende April war aus südkoreanischen Geheimdienstkreisen verlautet, dass Kim 15 Widersacher aus den Reihen der Regierung habe hinrichten lassen, darunter zwei Vize-Minister. Sie hätten sich über Kims Anweisungen beklagt.

Respekt durch Hinrichtungen?

«Die Hinrichtungen zeigen, dass innerhalb der nordkoreanischen Machtelite Vieles in Bewegung ist», sagt der Journalist und Nordkorea-Kenner Martin Fritz in Tokio. Kim habe innerhalb der Elite keine eigene Machtbasis, er sei einfach zu jung. Hinzu komme, dass der Staatschef immer noch daran sei, die älteren Generäle und Offiziellen zu ersetzen.

«Seit Kim vor drei Jahren an die Macht gekommen ist, häufen sich Berichte, wonach die Nordkoreaner vor dem neuen Führer keinen Respekt haben», ergänzt Fritz.

Kim habe wohl zu lange im Ausland gelebt, kenne sich innerhalb Nordkoreas zu wenig aus und werde von den Menschen auch nicht respektiert. Diesen Respekt versuche sich der Machthaber womöglich durch die vielen Hinrichtungen zu verschaffen.

Gescheiterte Moskau-Mission als Hinrichtungsgrund

Hyon hatte den Posten des Verteidigungsministers erst vor knapp einem Jahr übernommen. Zuletzt wurde er bei Musikaufführungen am 27. und 28. April in der Öffentlichkeit gesehen.

In Nordkorea ist der Verteidigungsminister vor allem für die Logistik und den internationalen Austausch der Armee zuständig. Die Ausrichtung der Verteidigungspolitik obliegt der mächtigen Nationalen Verteidigungskommission und der Zentralen Militärkommission der Kommunistischen Partei.

Im April war Hyon nach Moskau gereist – wohl auch um eine Teilnahme Kims an den dortigen Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs am 9. Mai vorzubereiten. Berichten zufolge sollte Hyon ein Rüstungsgeschäft im Gegenzug zu Kims Teilnahme aushandeln. Möglicherweise habe der damalige Verteidigungsminister diese Mission nicht erfüllt, so ein Experte.

Kim Jong Un war seinem Vater Kim Jong Il nach dessen Tod Ende 2011 an der Staatsspitze nachgefolgt. Wiederholt tauschte er seitdem hochrangige Verteidigungskader aus.

Foto-Reportage aus Nordkorea von SRF-Korrespondent Pascal Nufer

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