Sensation in Kroatien: Die konservative Oppositionspolitikerin Kolinda Grabar-Kitarovic ist überraschend als Siegerin aus der Präsidentschaftswahl in Kroatien hervorgegangen. Nach Auszählung fast aller Stimmen der Stichwahl kam sie auf 50,4 Prozent. Sie wird die erste Präsidentin des Landes.
Niederlage eingestanden
Amtsinhaber Ivo Josipovic kam auf 49,6 Prozent, wie die zentrale Wahlkommission am Sonntagabend nach der Auszählung von mehr als 99 Prozent der Stimmen mitteilte.
Auch im benachbarten Bosnien-Herzegowina durfte die kroatische Minderheit an der Präsidentenwahl teilnehmen. Die dortigen Kroaten würden traditionell für die HDZ stimmen, erklärten Wahlforscher.
Josipovic gestand seine Niederlage ein. «Kolinda Grabar-Kitarovic hat einen demokratischen Kampf gewonnen und ich gratuliere ihr», sagte er.
Ich verspreche euch, dass Kroatien ein wohlhabendes und reiches Land sein wird, eines der reichsten Länder der EU und der Welt.
Präsident Ivo Josipovic wurde im Wahlkampf von der Regierung unterstützt. «Genau diese Regierung war aber ohne spürbare Erfolge im Kampf gegen die Wirtschaftsmisere», sagt SRF-Osteuropakorrespondent Walter Müller. Im Wahlkampf sei der amtierende Staatspräsident immer wieder für dieses Versagen mitverantwortlich gemacht worden.
Nur repräsentative Aufgaben
Die Konservativen konnten nun von der Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Lage vieler Kroaten profitieren. Das Land, das seit Juli 2013 EU-Mitglied ist, steckt seit sechs Jahren in der Rezession. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 19 Prozent.
Die 46-jährige Diplomatin und frühere Aussenministerin Kitarovic trat mit ihrem Mann an ihrer Seite vor ihre Anhänger, die immer wieder ihren Namen riefen. «Ich verspreche euch, dass Kroatien ein wohlhabendes und reiches Land sein wird», sagte sie, «eines der reichsten Länder der EU und der Welt».
Der kroatische Präsident hat vor allem repräsentative Aufgaben. Experten gehen aber davon aus, dass ein Sieg den Konservativen der Oppositionspartei HDZ auch bei der kommenden Parlamentswahl nutzen wird. Dieser Meinung ist auch Walter Müller. Für ihn ist klar: «Faktisch hat der Wahlkampf bereits begonnen.»
Kitarovic hatte schon mehrere bedeutende Ämter inne. Die ehemalige kroatische Botschafterin in Washington wurde 2011 zur stellvertretenden Generalsekretärin der Nato berufen. Im Wahlkampf um das Präsidentenamt warf sie Amtsinhaber Josipovic vor, er sei mit dem Versuch gescheitert, die Regierung zu Reformen zu ermuntern. Bild in Lightbox öffnen.
Rechtsrutsch wegen Parteizugehörigkeit
Mit der weltgewandten einstigen Aussenministerin zieht in Zagreb nach den meist recht hausbackenen Vorgängern erstmals eine Frau in den Amtssitz des Präsidenten ein – und mit ihr internationales Flair.
Doch selbst wohlmeinende Kritiker sehen bei der als Aussenseiterin gestarteten konservativen Politikerin grosse programmatische Defizite. So blieb sie im Wahlkampf klare Aussagen zur Rolle der Familie in dem streng katholischen Land schuldig. Kritiker warfen ihr vor, sich beim Umgang mit dem ungeliebten Nachbarn Serbien zu verzetteln.
Obwohl die Diplomatin politisch eher in der Mitte angesiedelt ist, geriet sie als Kandidatin der konservativen Oppositionspartei HDZ mehr und mehr nach rechts. Die künftige Präsidentin ist mit dem Seefahrtsprofessor Jakov Kitarovic verheiratet, der in seiner Karriere zurücksteckte, um seine Frau auf den zahlreichen Posten im Ausland zu begleiten. Das Paar hat zwei Kinder.