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International Königin Beatrix: Die Managerin der Monarchie-AG

Die niederländische Königin tritt zurück. Beatrix wollte nicht nur repräsentieren, sie wollte agieren. Aber: Wie viel Macht hatte die Monarchin? Und welche politischen Spuren hinterlässt sie?

Der Jahresbeginn hatte es in sich. Papst Benedikt XVI. trat zurück. Novartis-Chef Daniel Vasella trat zurück. Und Beatrix Wilhelmina Armgard, Prinzessin von Oranien-Nassau, seit 1980 Königin der Niederlande, verkündete ihre Abdankung auf Ende April 2013. 33 Jahre hat sie auf dem Thron gesessen. Fortan soll ihr Sohn Wilhelm-Alexander die Geschicke der Monarchie lenken.

Sie hat ihre Rechte genutzt

Elsbeth Gugger ist SRF-Radio-Korrespondentin und langjährige Kennerin der Niederlande. Sie meint: Im April 1980 sei die damals 42jährige Beatrix angetreten, die ramponierte Monarchie zu reformieren. Ihre Mutter Juliana stand im Ruf, ihre Weltsicht mit allerlei Esoterischem zu gestalten, Julianas Gatten Prinz Bernhard sagte man Ähnliches mit Champagner nach.

Beatrix politische Rechte

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Beatrix war das Staatsoberhaupt. Sie hatte folgende Rechte:

  • das Recht, um Rat gefragt zu werden, zu warnen und zu ermuntern.
  • das Recht, einen «Informator» zu bestimmen, der die Regierungsbildung vornimmt (bis 2012).
  • das Recht, am jeweils 3. Dienstag im September die Thronrede zu verlesen .
  • das Recht, die Weihnachtsansprache zu halten.

Im Interview mit «SRF News Online» betont Gugger: Beatrix stärkte die Reputation des Königshauses. Mit Wissbegierde und konsequenter Pflichterfüllung. Nur repräsentieren, das wollte sie nie. Die wenigen politischen Rechte, die sie besass, hat Beatrix – angeblich ein Workaholic – in vollem Umfang genutzt.

Botschafter über die Klinge geschickt

Legendär sind die wöchentlichen Berichte des jeweiligen Ministerpräsidenten. Der Vortrag geriet bisweilen zum schweisstreibenden Unterfangen. Für den Minister. Denn Beatrix glänzte durch profundes Dossier-Verständnis.

Nach Meinung von Expertin Gugger hat die Königin auch direkt auf politische Prozesse eingewirkt, als Diplomatin. In den Neunzigerjahren war sie Triebkraft einer postkolonialen Versöhnungspolitik. Mit Beatrix‘ Hilfe normalisierten sich die Beziehungen zum ehemaligen Kolonial-Untertan Indonesien. Für ihr Engagement wurde die Regentin daheim allerdings heftig kritisiert.

Ebenfalls in den Neunzigern machte sich Beatrix dafür stark,  im Königreich Jordanien eine Botschaft zu eröffnen – ein weiteres Beispiel politischer Tatkraft. Niederlanden-Kennerin Gugger erwähnt noch einen kleinen Skandal aus dem Jahr 1996: E. Röell, der Botschafter der Niederlande in Südafrika, geriet wegen ausserehelicher Eskapaden in den Bannstrahl der gestrengen Monarchin. Auf ihren Wunsch hin wurde er aus Johannesburg abberufen – eine solche Amtshandlung steht eigentlich nur einem Minister zu.

Das Parlament entzieht ihr ein Recht

Ein Journalist würde zu solchen Vorgängen nie Unterlagen oder Auskünfte erhalten, sagt Elsbeth Gugger im Interview. Denn in den Niederlanden gilt die Doktrin des «Geheimnisses von Noordeinde».Noordeinde, das ist der königliche Palast im Zentrum von Den Haag, der Amtssitz der Monarchie.

Die Doktrin besagt: Da der König verfassungsrechtlich über dem Parlament steht, darf er sich zu politischen Fragen des Parlaments nie direkt äussern. Und für alle Handlungen des Monarchen ist letztlich das Kabinett verantwortlich, die Regierung. Das Kabinett wiederum gibt aber keine Auskünfte darüber, wie ein politischer Beschluss zustande kam.

Die politische Gestaltungsmacht der Monarchie ist trotz aller königlichen Mühen bescheiden. Das spürte man einmal mehr im vergangenen Jahr: Das Parlament aberkannte der Königin das Recht, den sogenannten «Informator» zu stellen – jenen Politiker, der mit der Regierungsbildung betraut wird.

Tröstende Landesmutter

Die einfachen Bürger lieben ihr Königshaus in erster Linie als Quelle nostalgischer Identifikation mit dem Guten und Sittsamen. Und Beatrix war für die Niederländer vor allem die   tröstende Landesmutter.

Bei Katastrophen zeigte die sonst für ihr kühles Naturell bekannte Monarchin Herz und Pietät. Etwa nach dem Absturz der israelischen El-Al-Frachtmaschine auf einen Wohnblock in Amsterdam 1992. Oder acht Jahre später, bei der Explosion einer Feuerwerksfabrik in Enschede. Fazit von Korrespondentin Elsbeth Gugger: Für Königin Beatrix war die Monarchie ein Dienstleistungsunternehmen im Dienste des Volkes. 

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