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International Kontroverse um Bodycams für Polizisten

Nach den jüngsten Fällen von Polizeigewalt werden Zehntausende US-Cops mit Körper-Kameras ausgerüstet. Doch Bürgerrechtler sehen nicht nur Vorteile.

Erneut sorgt ein überharter Polizei-Einsatz für Schlagzeilen in den USA. Ein weisser Polizist in South Carolina schleift eine schwarze Schülerin brutal aus dem Klassenzimmer. Die Szene wurde auf einem Handy-Video festgehalten. Ohne solche Video-Aufnahmen würden Exzesse wie dieser kaum an die Öffentlichkeit gelangen.

Kameras entschärfen heikle Situationen

Als Heilmittel gegen die Polizeigewalt gelten in den USA deshalb Kameras, welche die Polizisten auf ihrem Körper tragen. Präsident Obama hat für die Anschaffung von Bodycams 23 Millionen Dollar zugesprochen. In den letzten Monaten wurden bereits Tausende Polizisten entsprechend ausgerüstet.

Erste Erfahrungen deuten darauf hin, dass die Kameras einen entschärfenden Einfluss auf Konfliktsituationen haben. Laut einer neuen Studie aus Florida verhalten sich Polizisten korrekter, wenn sie eine Kamera tragen. Und auch viele Bürger seien zurückhaltender, wenn sie bemerken, dass sie gefilmt werden.

Schritt Richtung Überwachungsstaat?

US-Bürgerrechtler begrüssen deshalb die Anschaffung der Kameras grundsätzlich. Doch sie warnen auch vor einem Überwachungsstaat, in welchem jede und jeder ständig von Polizeikameras gefilmt wird.

Chad Marlow von der Bürgerrechtsorganisation ACLU meint gegenüber «10vor10»: «Oft filmen die Body-Kameras die Menschen an ihrem schlimmsten Tag. Wenn sie zu viel getrunken haben, sich zum Narren machen. Das ist nicht von öffentlichem Interesse. In solchen Fällen muss die Privatsphäre Vorrang haben.»

Die ACLU fordert deshalb strenge Regeln im Umgang mit den Videobildern. Doch diese fehlen in vielen Bundesstaaten noch.

Aber auch das Gegenteil sorgt bei Bürgerrechtlern für Ärger: In Städten wie Los Angeles oder Washington, DC behindern die Behörden die Veröffentlichung von Videos problematischer Vorfälle. Durch die fehlende Transparenz sei der Nutzen der Kameras in Frage gestellt, kritisiert die ACLU.

Riesengeschäft für Kamera-Firma

Die Firma Taser International in Arizona erlebt dank der grossen Nachfrage nach Polizeikameras einen Boom. «Wir produzieren so schnell wir können», sagt Firmensprecher Steve Tuttle gegenüber «10vor10».

Das Unternehmen bietet neben den Bodycams auch gleich die Speicherung und Verwaltung der Video-Daten an und übernimmt damit die Verantwortung für die Aufnahmen.

Datenlecks seien eine Gefahr für die Privatsphäre, warnt Bürgerrechtler Marlow: «Es besteht ein sehr hohes Risiko, dass Videos unbeabsichtigt an die Öffentlichkeit gelangen. Deshalb ist es wichtig, dass all jene Videos, die nicht relevant sind, rasch und für immer gelöscht werden.»

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