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International Kopf-an-Kopf-Rennen in Österreich: Warten auf die Briefstimmen

Norbert Hofer hat zwar nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis 51,9 Prozent der Stimmen an den Wahlurnen erhalten. Hunderttausende Briefstimmen sind aber noch nicht ausgezählt. Laut Hochrechnung liegen Hofer und Van der Bellen mit je 50,0 Prozent der Stimmen gleichauf. Der Wahlausgang bleibt offen.

Bei der Bundespräsidentenwahl in Österreich hat Norbert Hofer (FPÖ) ohne Berücksichtigung der Briefstimmen laut dem vorläufigen amtlichen Ergebnis 51,9 Prozent der Stimmen erreicht. Der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen erzielte 48,1 Prozent der Stimmen. Das teilte das Bundesministerium des Innern (BMI) in Wien mit.

Bei der Bundespräsidentschaftswahl werden einige hunderttausend Briefstimmen aber erst am Montag ausgezählt. Das Endergebnis wird zwischen 15.30 und 16.00 Uhr erwartet.

Gemäss der letzten Hochrechnung des Österreichischen Rundfunks (ORF) liegen der Freiheitliche Norbert Hofer und der Unabhängige Alexander Van der Bellen im Kampf um das Amt des Bundespräsidenten gleichauf. Beide kommen auf je 50,0 Prozent der Stimmen, bei einem Fehlerbereich von +/-0,7 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 71,8 Prozent.

Vorläufiges amtliches Ergebnis wird sich noch spürbar ändern

Die Karte zeigt, welcher Kandidat in welcher Gemeinde den höchsten Stimmenanteil errang.
Legende: Hochrechnung 19:22 Uhr: Welcher Kandidat in welcher Gemeinde den höchsten Stimmenanteil errungen hat. ORF BMI

Bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am 24. April hatte sich das amtliche Ergebnis nach Auszählung der Briefwahlstimmen noch spürbar verändert. Damals verlor Hofer noch 1,3 Prozentpunkte auf 35,1 Prozent, Van der Bellen legte um 0,9 Prozentpunkte auf 21,3 Prozent zu. Allerdings blieb damals ein Drittel der Wahlberechtigten der Abstimmung fern. Wahlberechtigt sind rund 6,4 Millionen Österreicher.

Die Werte für die Stichwahl veränderten sich nach der ersten Hochrechnung des Instituts für Sozialforschung (SORA) im Auftrag des ORF kurz nach 17 Uhr laufend. Einmal lag der unabhängige Kandidat hauchdünn vorn, dann überholte ihn der FPÖ-Mann. Die Wahlbeteiligung liegt gemäss Hochrechnung bei 71,8 Prozent.

Briefwahl als Schätzung

700'000 bis 800'000 Bürger haben vermutlich brieflich gewählt. Schätzungen dieser rund zehn Prozent aller Wahlberechtigten sind in der Hochrechnung zwar eingerechnet. Die Wahlzettel aus der brieflichen Stimmabgabe werden aber erst am Montag ausgezählt.

Dass Van der Bellen im zweiten Wahlgang mit Hofer gleichziehen konnte, könne durchaus als Überraschung angesehen werden, sagt SRF-Korrespondent Christian Vogt. «Der heutige Tag ist deshalb ein Erfolg des Lagers gegen Hofer.». Die Angst vor einem Rechtsrutsch habe offenbar viele Wähler mobilisiert.

Viele Wähler wollten Hofer verhindern

In einer ersten Analyse zu den Wahlmotiven zeigte sich, dass die echte Überzeugung für einen Kandidaten kaum eine Rolle spielte. Vielmehr machten viele Wähler ihr Kreuz, um einen Gegenkandidaten zu verhindern. 40 Prozent der Wähler von Van der Bellen gaben an, «gegen rechts» gewählt zu haben, um Hofer zu verhindern, sagte der Meinungsforscher Peter Hajek. «Alle anderen Motive sind da deutlich in den Hintergrund getreten.»

Hofer konnte laut Analysen vor allem bei den Wählern im ländlichen Raum punkten. Van der Bellen hatte die meisten Anhänger in den grösseren Städten.

Neue Ausgangslage

Norbert Hofer steht für das rechte, nationale Lager, gegen Flüchtlings-Zustrom und gegen die neue Regierung von Kanzler Christian Kern (SPÖ). Alexander Van der Bellen ist Garant für das Gegenteil: Er steht für das links-grün-liberale Lager, mit offenen Grenzen und kritischer Sympathie für den neuen Bundeskanzler Kern.

Erstmals waren in der Stichwahl keine Kandidaten der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP vertreten. Unter anderem wegen des Debakels in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen war Bundeskanzler Werner Faymann zurückgetreten.

Wahlbeteiligung ist deutlich gestiegen

Im Rückblick war der Wahlkampf letzte Woche in Österreich sehr viel ruhiger als vorher, als die beiden Kontrahenten im Fernsehen noch stritten, sagt SRF-Auslandredaktor Joe Schelbert. «Das war beiden äusserst peinlich, und beide haben sich diese Woche zurückgehalten. Am Donnerstag gab es noch ein letztes Fernsehduell, aber beide waren etwas sprachlos und wollten keine Fehler mehr machen.»

Erstaunlicherweise sei die Wahlbeteiligung gestiegen. «Man hätte sich vorstellen können, dass die Verlierer des ersten Wahlgangs, die SPÖ und ÖVP, zuhause bleiben, weil es ihnen egal ist. Aber der Zweikampf hat offenbar die Wähler mobilisiert», so Schelbert.

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