Der erstmals veröffentlichte Korruptionsbericht der EU-Kommission lässt aufhorchen: Bestechungen schädigen die Wirtschaft in der Europäischen Union pro Jahr um 120 Milliarden Euro. Das ist ein ganzes Jahresbudget der EU.
Die Summe schätzt SRF EU-Korrespondent Urs Bruderer als nicht allzu hoch ein: «Das klingt erschreckend hoch, aber es entspricht nur einem Prozent der jährlichen Leistung der Wirtschaft in der EU. Weltweit schätzt man zum Beispiel, dass 5 Prozent der jährlichen Leistung der Wirtschaft wegen der Korruption verschwinden.» So gesehen stünde die EU nicht schlecht da, falls die Zahlen stimmten, meint er.
Schätzung zu tief
«Korruption untergräbt das Vertrauen der Bürger in demokratische Institutionen und Rechtsstaatlichkeit, sie schädigt die europäische Wirtschaft. Und sie entzieht Staaten dringend benötigte Steuereinnahmen», sagte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström. Weiter habe sie gesagt, sie vermute, dass die Schätzung zu tief sei. Das wahre Ausmass sei viel grösser, sagt Urs Bruderer, EU-Korrespondent von SRF.
«Die Schätzungen wurden von Organisationen wie Transparency International oder der UNO schlicht übernommen. Die EU hat nicht selber eine Rechnung angestellt», sagt Bruderer.
Die Mitgliedsländer hätten zwar schon viel im Kampf gegen Korruption unternommen, aber das sei bei weitem noch nicht genug, hielt die Kommissarin fest. «Die meisten betroffenen Länder haben Antikorruptionsbehörden geschaffen, Gesetze erlassen und Bussen eingeführt», sagt Bruderer. Allerdings habe es bisher bei der Umsetzung gehapert.
Malmström präsentierte deshalb einen Massnahmenkatalog. Damit will die Kommission die Länder im Kampf gegen Schmiergeldzahlungen unterstützen. Dazu gehören Vorschläge, wie die Transparenz erhöht und interne Kontrollmechanismen verbessert werden können.
EU-Bürger fühlen sich von Korruption betroffen
Eine Umfrage im Auftrag der Brüsseler Behörde bringt es an den Tag: Mehr als die Hälfte der befragten EU-Bürger ist überzeugt, dass Bestechung während der Verschärfung der Euro-Schuldenkrise zugenommen habe. Drei Viertel glauben, Korruption sei in ihrem jeweiligen Heimatland weit verbreitet.
Von den Befragten in Griechenland sind 99 Prozent dieser Meinung, gefolgt von denjenigen in Italien (97 Prozent), Litauen, Spanien und Tschechien (jeweils 95 Prozent).
Am wenigsten glauben die Schweden (54 Prozent), dass in ihrem Land das Verteilen oder die Annahme von Schmiergeld weit verbreitet ist. Eine ähnliche Verteilung findet sich bei den befragten Firmen in den jeweiligen Ländern.