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International Korruption und Amtsmissbrauch: China klagt Ex-Spitzenpolitiker an

Er galt als Hoffnungsträger der Kommunistischen Partei Chinas, doch dann stürzte er über Korruptionsvorwürfe. Nun muss sich Bo Xilai deshalb vor Gericht verantworten. Ihm drohen mindestens 15 Jahre Haft.

Bo Xilai
Legende: Lange galt er als Anwärter auf einen Spitzenposten in der Kommunistischen Partei. Doch 2012 fiel Bo Xilai in Ungnade. Keystone/archiv

Gegen den gestürzten chinesischen Spitzenpolitiker Bo Xilai ist offiziell Anklage erhoben worden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem früheren Politbüromitglied und Parteichef der Metropole Chongqing «Bestechlichkeit, Unterschlagung und Machtmissbrauch» vor.

Die Anklageschrift gegen den 64-Jährigen sei nun beim Volksgericht in der ostchinesischen Stadt Jinan (Provinz Shandong) eingereicht worden, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua.

Unterschlagung und Machtmissbrauch

Der juristische Abschluss des Politkrimis, der China seit Anfang vergangenen Jahres in Atem hält, ist eine der heikelsten Aufgaben für den neuen Staats- und Parteichef Xi Jinping. In der Anklageschrift beschuldigt die Staatsanwaltschaft den früheren Politstar «schwerer Verbrechen».

Bo Xilai habe «extrem hohe Summen an Geld und Besitz» als Bestechung angenommen, zitierte die Staatsagentur aus der Anklage. Er habe seine Stellung ausgenutzt, um anderen Vorteile zu verschaffen. Auch habe Bo Xilai «grosse Mengen öffentlicher Gelder unterschlagen und seine Macht missbraucht».

Die Interessen des Staates und Volkes seien schwer geschädigt worden, stellte die Anklage fest. Die Verteidiger hätten ihre Meinungen zu den Vorwürfen eingereicht.

Entscheidung im Herbst erwartet

Die Anklage sei allerdings kompliziert, weil sich der Spitzenpolitiker geweigert habe, mit den Ermittlern zu kooperieren, zitierte das «Wall Street Journal» verschiedene Quellen, die sich mit dem Fall auskennen. Noch kurz vor seiner Festnahme hatte Bo Xilai die Korruptionsvorwürfe gegen seine Familie noch vehement zurückgewiesen.

Ein Mangel an Kooperation in den Untersuchungen lässt in China immer eine höhere Strafe erwarten. Bo Xilai drohen eine Strafe von mindestens 15 Jahren bis hin zu lebenslanger Haft. Möglich wäre sogar die Todesstrafe. Das hält Urs Morf für unwahrscheinlich. Er ist SRF-Korrespondent in China und sagt: Bos Stellung als Sohn des Revolutionsführers Bo Yibo, als sogenannter «Prinzling», sei wahrscheinlich der Hauptgrund, warum ihm nicht die Todesstrafe drohe. «Seit der Kulturrevolution ist es nicht mehr üblich, dass man die Abkömmlinge von wichtigen Figuren hinrichtet, auch nicht, wenn sie sich schwere Sachen zu Schulden kommen lassen haben.»

Um den Fall abzuschliessen, soll das Urteil voraussichtlich vor dem wichtigen Plenum des Zentralkomitees im Herbst fallen, wo die Weichen für die Zukunft des Landes gestellt werden sollen.

Korruption grassiert in China

In dem Prozess geht es um Unterschlagung und Bestechlichkeit in einem Umfang von rund 30 Millionen Yuan, umgerechnet 3,7 Millionen Euro, wie Hongkonger Zeitungen berichteten. Morf sagt: «Viele Chinesen und auch ich gehen davon aus, dass Bo und seine Sippschaft viel grössere Beträge ergaunert und ins Ausland geschafft haben.»

Doch das wolle man in China nicht an die grosse Glocke hängen. Und das hat einen einfachen Grund: «Viele andere chinesische Top-Politiker und ihre Familien sind korrupt und bereichern sich. Darauf will man nicht das Augenmerk lenken», sagt Morf.

Todesstrafe auf Bewährung für Giftmord

Der Vorwurf des Amtsmissbrauchs bezieht sich auch auf den Umgang mit dem Mord an dem britischen Geschäftsmann Neil Heywood durch seine Frau Gu Kailai. Sie war im August vergangenen Jahres wegen Mordes an dem Familienfreund zu einer Todesstrafe auf Bewährung verurteilt worden.

Der charismatische Bo Xilai galt im Zuge des Generationswechsels in der Partei im vergangenen Jahr als aussichtsreicher Kandidat für einen Aufstieg an die Spitze. Im Februar 2012 überwarf sich aber sein Polizeichef und enger Vertrauter Wang Lijun mit ihm und packte aus.

Der «Super-Bulle» enthüllte, dass die Frau des Spitzenpolitikers den Briten mit Gift ermordet habe. Heywood soll geholfen haben, ihr Vermögen ins Ausland zu bringen, doch habe es Streit gegeben.

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