Nur wenige Wochen nach dem Schmiergeldskandal um die Weltausstellung Expo2015 bei Mailand sorgt die Lagunenstadt Venedig für ähnliche Schlagzeilen. Der amtierende linke Bürgermeister Giorgio Orsoni soll vom Baukonsortium, das die Flutschutzbarrieren um Venedig baut, über eine halbe Million Euro eingestrichen haben.
Berlusconi-Vertrauter unter Verdacht
Noch bunter soll es der ehemalige Regionalpräsident Venetiens und enge Vertraute von Silvio Berlusconi, Giancarlo Galan, getrieben haben. Er liess sich sein Haus sanieren und soll mehrere Millionen Euro unrechtmässig erhalten haben.
Unter den 35 verhafteten und unter Hausarrest gestellten Personen befinden sich weitere hohe Politiker, ein pensionierter General der Guardia di Finanza (Finanzpolizei) sowie ein Magistrat des Rechnungshofes. Gegen 100 weitere Personen laufen Ermittlungen.
Wirklich überraschen mag die Meldung nicht: Das Milliardenprojekt «Mose» steht seit Jahren im Verdacht, als Drehscheibe für umfangreiche Schmiergeldzahlungen an linke wie rechte Politiker zu dienen.
25 Millionen Schmiergelder
Laut den Fahndern soll das Baukonsortium 25 Millionen Euro an Schmiergeldern verteilt haben. Die Kosten für den Bau der drei Flutschutzbarrieren werden auf 5,5 Milliarden Euro geschätzt. Allein diese gigantische Zahl ist in Italien beinahe Garantie dafür, dass sich windige Geschäftemacher und korrupte Politiker daran gesundstossen.
Die Staatsanwaltschaft von Venedig hatte vor drei Jahren Ermittlungen zur Praxis der Auftragsvergabe bei dem Projekt eingeleitet. Dabei kam nach Angaben der Behörden eine schwarze Kasse ans Licht, die mit Bestechungsgeldern und Zahlungen aus gefälschten Rechnungen gefüllt wurde. Gespeist worden seien die Schwarzgeldkonten mittels falscher Rechnungen an Briefkastenfirmen in der Schweiz und in San Marino, hiess es von den Untersuchungsbehörden.
Grassierende Korruption in Italien
Der italienische Rechnungshof schätzt, dass jedes Jahr 60 Milliarden Euro aufgrund der grassierenden Korruption in dunkle Kanäle fliessen. Das sind rund acht Prozent des Staatsbudgets. Seit Jahren bemüht sich das Parlament, endlich ein griffiges Anti-Korruptionsgesetz zu erlassen. Es ist vor rund einem Jahr zwar in Kraft getreten, doch hat ihm die Fraktion von Berlusconis Forza Italia einige Zähne gezogen.
Die neue Hiobsbotschaft wurde übrigens just bekannt, als sich der amtierende Regierungschef Matteo Renzi mit dem Chef der Anti-Korruptionsbehörde traf. Dabei soll sich der Ermittler über zu wenig Personal beklagt haben, um wirksam die grossen Projekte im Land überwachen zu können.