Es ist die wohl grösste innenpolitische Krise in Nordirland seit dem Friedensschluss vor rund 17 Jahren. Gestern hatte der nord-irische Regierungschef Peter Robinson sein Amt niedergelegt – fast alle seine Minister sind ebenfalls zurückgetreten.
Grund ist ein Vertrauensbruch zwischen der protestantischen Partei von Robinson und dem Koalitionspartner Sinn Fein. Es geht es um die Frage, ob die ehemalige Untergrundorganisation IRA noch aktiv ist oder nicht. Sinn Fein galt lange als politischer Arm der IRA.
Gespräche beginnen am Montag
Nun wollen Grossbritannien und Irland vermitteln. Die Situation sei «extrem besorgniserregend», sagte der britische Premierminister David Cameron in Leeds und forderte die nordirischen Politiker zu mehr Anstrengung auf. Zuvor hatte bereits der irische Regierungschef Enda Kenny die Politiker der nordirischen Parteien an ihre Verantwortung erinnert. Cameron und Kenny setzen auf Gespräche, die am Montag in Belfast beginnen sollen und an denen auch Vertreter der britischen und irischen Regierung teilnehmen werden.
Am Vortag hatte Peter Robinson sein Amt an die Parteifreundin und Finanzministerin Arlene Foster abgegeben. Alle anderen Minister von Robinsons pro-britischer Democratic Unionist Party (DUP) hatten ebenfalls ihre Ämter niedergelegt.
Stein des Anstosses war die Ermordung eines ehemaligen IRA-Mannes im Mai in Belfast. Bei den Ermittlungen war die Polizei zu dem Schluss gekommen, dass Strukturen der in Grossbritannien als Terrororganisation eingestuften Provisional IRA weiterbestehen. Die katholische, pro-irische Partei Sinn Fein, einst der politische Arm der IRA und heute mit der DUP an der nordirischen Regionalregierung beteiligt, hatte dies stets bestritten.
Cameron will von einer «Zwangspause» nichts wissen
Ministerpräsident Robinson hatte zuletzt gefordert, das Parlament vorübergehend aufzulösen. Abgeordnete von Sinn Fein und kleineren Parteien lehnten dies ab, worauf Robinson sein Amt niederlegte. Er fordert jetzt von der britischen Regierung, den Institutionen in Belfast eine Zwangspause zu verordnen, damit «Raum für Gespräche» sei. Cameron lehnt dies ab: «Ich will, dass die Politiker von Nordirland zusammenkommen und eine Möglichkeit finden, wie diese Institutionen funktionieren können», sagte er.
Die Gemeinschaftsregierung ist das Ergebnis langer Friedensgespräche in Nordirland, wo sich pro-britische Protestanten und pro-irische Katholiken bis heute gegenüber stehen. Die Zeit blutiger Auseinandersetzungen ist seit dem sogenannten Karfreitagsabkommen im Jahr 1998 weitgehend vorbei.