Er ist das neue Gesicht in der dänischen Politik: Kristian Thulesen Dahl, 45 Jahre alt, Jurist. Als er am Donnerstagabend als grosser Wahlsieger vors Mikrofon trat, wirkte er überrascht: «Ich glaube immer noch, dass ich nur träume und bald erwache. Und dann merke, dass die Wahlen gar noch nicht stattgefunden haben.»
Tatsächlich ist der Ausgang der dänischen Parlamentswahlen sehr bemerkenswert. Fast schon aus dem stillen Hintergrund ist es dem Nachfolger der schrillen und charismatischen Parteigründerin Pia Kjaersgaard in den letzten drei Jahren gelungen, die in ganz Europa als Rechtspopulisten verschriene Volkspartei ins Zentrum der dänischen Politik zu rücken.
Während Kjaersgaard fast täglich gegen muslimische Einwanderer wetterte und für einen Austritt aus der Europäischen Union eintrat, schmiedete Thulesen Dahl Abkommen mit der Linken zum Ausbau des Wohlfahrtsstaates. Und er versprach nach dem Vorbild des britischen Premiers David Camerons eine Rückkehr der EU zu einer reinen Freihandelszone.
Der nationalkonservative Sozialdemokrat
Im Unterschied zu rechtspopulistischen Schwesterparteien in anderen Ländern positioniert sich die Dänische Volkspartei somit ganz klar weiter links – auch wenn sie an ihrer nationalistischen Gesinnung keine Zweifel lässt.
Ohne grosse Worte, frei von Skandalen und mit viel Geduld hat Thulesen Dahl auf die neue Machtposition hin gearbeitet. Obwohl noch jung, hat er schon über 20 Jahre im dänischen Parlament hinter sich – und geniesst unter allen Politikern heute bei den fünf Millionen Däninnen und Dänen das höchste Vertrauen.
In der Stunde des Glück liess sich der sonst so beherrscht auftretende, auch schon mal als «nationalkonservativer Sozialdemokrat» beschriebene Wahlsieger in der vergangenen Nacht sogar zu einem Ständchen hinreissen.
Den Nein-Sagern droht politische Knochenarbeit
Auf das ausgelassene Fest könnte nun aber schon bald ein schwerer Kater folgen. Denn die Dänische Volkspartei hat bislang davon profitiert, keine Regierungsverantwortung übernehmen zu müssen – und sich die Hände somit nicht mit schwierigen Kompromissen zu beschmutzen.
Als wichtigste Kraft im bürgerlichen Mehrheitslager dürfte ein solches Abseitsstehen künftig schwierig werden. Ähnlich wie in Norwegen oder Finnland, wo die nationalkonservativen und ausländerfeindlichen Parteien nunmehr mitregieren, könnten nun – wegen der neuen Machtposition – schon bald dunklere Wolken für die Dänische Volkspartei und ihren Chef Thulesen Dahl aufziehen.