Ein ehemaliger jugoslawischer Geheimdienstchef wird von Deutschland beschuldigt, in Bayern einen Mord an einem jugoslawischen Dissidenten organisiert zu haben. Josip Percovic wird in Deutschland gesucht.
Deutschland verlangte am Tag des EU-Beitritts von Kroatien seine Auslieferung. «Es war nicht das erste Mal, dass Deutschland die Auslieferung dieses Mannes verlangte», sagt SRF-Osteuropa-Korrespondent Walter Müller. Bis jetzt sei aber keine der Regierungen auf die Forderung eingegangen. Mit dem EU-Beitritt allerdings hätte Kroatien Perkovic und bis zu 20 weitere mutmassliche Schwerverbrecher ausliefern müssen.
Doch drei Tage vor dem Beitritt zur EU hat Kroatien unter Ministerpräsident Zoran Milanovic ein neues Gesetz verabschiedet. Das Land muss danach nur bei Verbrechen, die nach dem 7. August 2002 begangen wurden, seine Landsleute ausliefern. Damit ist der ehemalige Geheimdienstchef vor der Auslieferung geschützt.
«Vertrauen missbraucht»
Deshalb fühlt sich die EU-Justizkommissarin von Kroatien hintergangen: «Kroatien ist mit einem grossen Vertrauensvorschuss gestartet und hat dieses Vertrauen am Tag seines EU-Beitritts missbraucht», kritisiert Viviane Reding.
Ob die aktuelle Regierung mit dem Gesetz den mutmasslichen Verbrecher schützen wollte, sei spekulativ, sagt SRF-Korrespondent Müller. «Manche sagen, Premier Milanovic sei grundsätzlich dagegen, dass kroatische Bürger an Fremdstaaten ausgeliefert werden». Andere vermuteten, dass dieser Geheimdienstchef zu viele Geheimnisse der ehemaligen kommunistischen Elite kenne und sich deshalb die heutigen Politiker vor Dreckwäsche schützen wollten. Die Opposition in Kroatien sei allerdings der Meinung, der Ministerpräsident habe mit seiner Haltung viel Schaden für nichts angerichtet, sagt Müller.
Wer gibt nach?
Morgen treffe sich die Regierung in Zagreb, um eine Abänderung des umstrittenen Gesetzes vorzuschlagen, sagt Müller. «Ich bin überzeugt, dass Milanovic am Ende nachgeben muss. Nun ist es der Ministerpräsident, der im Zentrum der Kritik steh.»
Die EU-Kommission schlägt als Strafmassnahme vor, Fördermittel von 80 Millionen Euro an Kroatien einzufrieren. Die EU-Staaten haben zehn Tage Zeit, zu den Plänen der Kommission Stellung zu beziehen. Auch Kroatiens Beitritt zum Schengener-Abkommen wird aufgeschoben.