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International Land-Grabbing: Das Geschäft mit billigem Boden

Wenn Investoren grosse Landflächen in Ländern des Südens kaufen oder pachten, nennt man das «Land-Grabbing». Betroffen ist vor allem Afrika, aber nicht nur. Ist das eine neue Form des Kolonialismus oder ist es Entwicklungshilfe?

Seit gut zehn Jahren übernehmen Investoren Ländereien des Südens im grossen Stil. Allen voran private Investoren aus Europa und den USA, doch auch halbstaatliche Akteure aus den Golfstaaten und Ostasien mischen mit. Über Chancen und Risiken des Land-Grabbing haben Fachleute an an der Uni Bern diskutiert.

Das Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt der Uni Bern hat gemeinsam mit anderen Institutionen eine Datenbank zu Landverkäufen erarbeitet. Diese Land-Matrix, die ausführlichste zum Thema, verzeichnet derzeit über 850 abgeschlossene Verträge.

Lebensmittelproduktion zentral

Die Deals umfassen mehr als 32 Millionen Hektaren Land – acht Mal die Fläche der Schweiz. Was die ausländischen Investoren mit dem Land vorhaben, ist unterschiedlich. Markus Giger vom Zentrum für Nachhaltige Entwicklung und Umwelt der Universität Bern: «Aufgrund unserer Datenbank steht die Produktion von Nahrungsmitteln an erster Stelle, dicht gefolgt von Biotreibstoffen. Und dann sind da auch noch Investitionen in Forstprojekte, die den dritten grossen Teil ausmachen.»

Andere Investoren spekulieren nur auf höhere Bodenpreise. Das lohnt sich vor allem in Afrika. Deshalb würden die meisten grossen Landkäufe und langfristigen Pachtverträge auf dem afrikanischen Kontinent geschlossen, erklärt die Anthropologin Pauline Peters. «Die weltweit tiefsten Preise für Ackerland sind in Afrika zu finden», hat die emeritierte Harvard-Professorin von einer Investmentfirma erfahren.

Peters ist äusserst skeptisch gegenüber den grossen Land-Deals. Die einheimische Bevölkerung sei in vielen Fällen von ihrem Land verdrängt worden. Die Investoren hätten sich nicht an die abgemachten Löhne gehalten und die versprochene Infrastruktur nicht geliefert. Doch überwiegt das Negative?

Investitionen in Infrastruktur und Bildung

Die Dissertation der Geographin Martina Locher zeigt ein weniger düsteres Bild. In den untersuchten Projekten in Tansania haben die ausländischen Firmen, die Land kauften, auch Stellen geschaffen, einen Wassertank installiert, eine Schule gebaut.

Aus dem «ECO»-Archiv

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Reiche Staaten und Unternehmen reissen sich um Ackerland in Afrika und Asien. Der weltweite Agrarmarkt entwickelt sich zu einem Milliarden-Monopoly. Land-Grabbing oder Neo-Kolonialismus nennen das die einen, landwirtschaftliche Investitionen und Entwicklungshilfe die anderen. «ECO» traf wütende Bauern in Sierra Leone. Zum Video.

Damit ein Land-Deal der lokalen Bevölkerung etwas bringe, müssten allerdings gewisse Regeln eingehalten werden, so Locher: «Ganz wichtig ist das Landgesetz und die Umsetzung dieses Landgesetzes. Das heisst, die Personen die das Land seit Generationen nutzen, sollen entscheiden, ob sie dieses Land abgeben möchten oder nicht.» Es sei eine Tatsache, dass die wenigsten von ihnen ihr Land weggeben möchten, wenn sie nicht die Möglichkeit haben, woanders Land zu bekommen. «So ein Deal bedingt also, dass Land vorhanden ist, das noch nicht genutzt wird.»

Landreserven schrumpfen weltweit

Das ist in sehr wenigen Ländern der Fall. Das zeigen auch die Daten, die dem Agronomen Markus Giger vorliegen. Sie deuten vor allem darauf hin, dass viele von diesen Landkäufen in Gebieten stattfinden, wo bereits Gemeinschaften oder Bauern das Land bewirtschaften. «Es sind also nicht ungenutzte Landflächen, die verkauft werden, sondern sehr oft sind Bauerndörfer konkret betroffen.»

Hier sehe er ein riesiges Konfliktpotential, sagt Giger weiter. Und dieses Konfliktpotential wird auch in Zukunft Anlass zu Diskussionen geben. Die Weltbank beziffert das potentielle Ackerland mit 446 Millionen Hektaren – das ist mehr als 100 Mal die Fläche der Schweiz. Land, das als Goldgrube für ausländische Investoren oder als Chance zur Entwicklung der Länder des Südens genutzt werden kann.

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