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International Lebenslang für die letzten Rote-Khmer-Führer

Rund 35 Jahre nach dem Ende der Schreckensherrschaft der Roten Khmer sind in Kambodscha ihre beiden ranghöchsten Anführer zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Damit ist das düstere Kapitel aber noch lange nicht abgeschlossen.

Das Völkermordtribunal in Kambodscha hat die beiden letzten noch lebenden Rote-Khmer-Anführer für Gräueltaten des kommunistischen Regimes schuldig gesprochen. Das Gericht verurteilte Ex-Propagandachef Nuon Chea (88), «Bruder Nummer 2», und den damaligen Staatschef Khieu Samphan (83), «Bruder Nummer 4» wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Haft.

Verantwortlich für Zwangsvertreibung

Die Richter machten sie etwa für die Zwangsvertreibung von zwei Millionen Menschen aus der Hauptstadt Phnom Penh nach der Machtübernahme 1975 verantwortlich. Die Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft gefordert. Beide gaben während des Verfahrens an, von Gräueltaten nichts gewusst zu haben.

Die beiden Angeklagten verzogen bei der Urteilsverkündung in der kambodschanischen Hauptstadt keine Miene. Sie äusserten sich nicht. Nuon Chea wurde im Rollstuhl zur Anklagebank gebracht, Khieu Samphan ging selber, wirkte aber gebrechlich.

Es ist erst das zweite Urteil des acht Jahre alten Tribunals. Kaing Guek Eav, Chef des Foltergefängnisses Tuol Sleng, war bereits zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht hat 5800 Dokumente studiert und mehr als 140 Zeugen gehört.

Zwei alte Männer, die beiden Angeklagten, sitzen regungslos im Gerichtssaal.
Legende: Khieu Samphan (l) und Nuon Chea während des Prozesses. Keystone Archiv

«Verbrechen gegen die Menschlichkeit»

Richter Nil Nonn sagte für das siebenköpfige Gremium: «Das Gericht befindet Nuon Chea wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit für schuldig, darunter Ausrottung einschliesslich Mord, politische Verfolgung und inhumane Akte, darunter Zwangsvertreibung, Verschwindenlassen und Angriffe auf die menschliche Ehre.» Das wortgleiche Urteil erging gegen Khieu Samphan.

Die Roten Khmer

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Aufgestapelte Schädel in einem Gestell.
Legende: Keystone

Das kommunistische Khmer-Regime wollte in Kambodscha einen Bauernstaat schaffen, witterte aber bald überall Staatsfeinde. Zwischen 1975 und 1979 kamen mindestens 1,7 Millionen Menschen durch Folter, Mord, Zwangsarbeit und Hungersnöte um. Das war ein Viertel der damaligen Bevölkerung.

Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Roten Khmer Stadtbewohner pauschal als Feinde der Revolution betrachteten. Bei der Vertreibung aus Phnom Penh kamen 10'000 Menschen durch Erschöpfung, Hunger und mangelnde medizinische Versorgung um. Weitere 10'000 wurden ermordet, darunter Alte, Kranke und Babys, die den Gewaltmärschen nicht gewachsen waren, wie der Richter sagte.

Lebenslängliche Strafe war erwartet worden

«Etwas anderes als eine lebenslängliche Strafe wäre für die meisten Kambodschaner schlicht inakzeptabel gewesen», sagt SRF-Ostasienkorrespondent Urs Morf. Das Urteil sei für die Bewältigung der Vergangenheit des Landes sehr wichtig.

Abgeschlossen sei die Aufarbeitung der vier Terror-Jahre der Roten Khmer damit aber noch lange nicht. Die Gerichtsverfahren gegen die noch lebenden Verantwortlichen aus der damaligen Zeit seien aufgeteilt worden. Zuerst seien nun die am leichtesten zu beweisenden Verbrechen verhandelt worden. Bereits aber sei ein weiterer Prozess im Gang.

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Timeline zum Krieg in Kambodscha:

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