Die regierende Parti Québecois hat bei der Parlamentswahl in der kanadischen Provinz Québec ihre bisherige Mehrheit verloren. Laut amtlichen Angaben nach Auszählung fast aller Stimmen erreichte sie nur etwa 26 Prozent der Wählerstimmen.
Couillard wird neuer Premier
Wahlsieger sind die Liberalen unter Parteichef Philippe Couillard: Sie kommen auf rund 41 Prozent. Damit löst der 56-jährige Couillard Premierministerin Pauline Marois von der Parti Québecois an der Spitze der Regierung ab.
Drittstärkste Kraft wurde erneut die konservative Partei Coalition Avenir Québec mit 17 Prozent vor der linken Partei Québec Solidaire, die 5 Prozent der Stimmen erhielt.
Bisher hatte die Parti Québecois über 54 der 125 Parlamentssitze verfügt, die Liberalen hatten 49 Sitze inne.
Keine neuen Referenden
Mit dem Wahlsieg der kanadatreuen Liberalen ist eine Abspaltung von Kanada für die nächste Zeit vom Tisch. Die Wähler in Québec wollen keine Neuauflage der Unabhängigkeitsreferenden von 1980 und 1995.
Beide Volksabstimmungen gingen für den Verbleib bei Kanada aus. Allerdings war das Ergebnis des Referendums von 1995 äusserst knapp. Laut Umfragen lehnen derzeit etwa zwei Drittel der Einwohner der Provinz eine Unabhängigkeit ab.
Das jetzige Wahlergebnis macht vor allem klar: Die Wähler wollen, dass sich die Regierung um die wirklichen Probleme der Québecois kümmert. «Les vrais affaires» lautete denn auch der Wahlspruch der Liberalen Partei.
Desaster für Marois und die Separatisten
«Ein derartiges Desaster für den separatistischen Parti Québecois hatte niemand erwartet», sagt der in Kanada lebende Journalist Gerd Braune gegenüber SRF. Er spricht von einer «Sensation». Die bisherige Premierministerin Marois habe sich auf der ganzen Linie verspekuliert.
So habe sie ein Kopftuchverbot für Staatsangestellte einführen wollen, das sei von den Québecois aber nicht goutiert worden. «Die Wähler haben die Stimmungsmache gegen religiöse Minderheiten nicht mitgemacht», so Braune. Auch habe sich Marois durch ungeschicktes Verhalten im Wahlkampf selbst ausmanövriert.