Zum Inhalt springen

International Libyen versinkt immer tiefer im Chaos

Drei Jahre nach dem Sturz von Muammar al-Gaddafi bekriegen sich verfeindete islamistischen Milizen im Kampf um die Macht im Land. In der Hauptstadt Tripolis wächst das Chaos. Neue Gewaltausbrüche gab es vor allem rund um den Flughafen. Wer kann, flüchtet nach Tunesien und es sind Tausende.

Kartenausschnitt, der die Städte Tripolis und Bengasi in Libyen hervorhebt.
Legende: Die Schauplätze der Kämpfe sind die Hauptstadt Tripolis und Bengasi. SRF

Seit Wochen liefert sich die islamistische Fadschr Libya (Libysche Morgendämmerung) erbitterte Schlachten mit Sintan-Milizen. Nach tagelangen Kämpfen um den internationalen Flughafen der Hauptstadt Tripolis hat die Fadschr Libya nach eigenen Angaben die Anlage erobert. Die Milizen relativierten selbst später aber ihre Meldung. Ein Sprecher sagte, die Kämpfer seien in den Flughafen eingedrungen, doch dauerten dort die Kämpfe weiter an

Nächtliche Luftangriffe

Während der Kämpfe um den Flughafen gab es Angriffe durch unbekannte Flugzeuge auf Stellungen der Islamisten. Ein Sprecher von Fadschr Libya beschuldigte Ägypten und die Vereinigten Arabischen Emirate, die Luftangriffe mit Billigung der libyschen Übergangsregierung und des Parlaments geflogen zu haben.

Inzwischen hat das neu gewählte Parlament die zwei Milizen Fadschr Libya und Ansar al-Scharia in Bengasi als Terrororganisationen erklärt. Sie stünden ausserhalb des Gesetzes, entschieden die Abgeordneten, wie die Nachrichtenseite Al-Wasat berichtete. Die beiden Milizen seien nun ein legitimes Ziel der libyschen Armee.

Flucht nach Tunesien

Wegen der Gewalt sind in den vergangenen Wochen bereits tausende Libyer geflohen – hauptsächlich nach Tunesien. Vor allem 6000 bis 8000 ausländische Gastarbeiter aus andern Maghreb-Staaten und aus Asien hätten das Land verlassen, berichtet SRF-Korrespondent Beat Stauffer.

Hauptsächlich aber seien Libyer aus der Hauptstadt Tripolis geflüchtet. Sie gehörten der Mittel- oder gar Oberschicht an, mieten sich Wohnungen oder Villen und viele wohnten auch in Hotels, sagt Stauffer. Es gebe Familien, die schon seit drei Jahren in Tunesien leben und die entsprechenden Mittel dazu hätten.

Angst vor den Dschihadisten

Doch die Aufnahmekapazität von Tunesien ist wohl bald erreicht. «Tunesien hat die Grenze praktisch geschlossen», beobachtet Stauffer. Die offiziellen Zahlen variieren, aber eine bis zwei Millionen Libyer lebten zur Zeit in Tunesien.

Zudem überwiege die Angst vor Dschihadisten, die nach Tunesien einsickern könnten und das Land destabilisieren, sagt Stauffer. Es gebe Anzeichen, dass verfeindete libysche Gruppierungen in Tunesien schon aneinander geraten seien, teilweise im öffentlichen Raum, aber auch schon in einer TV-Sendung. Im Westen Tunesiens gebe es Gebiete, wo sich Dschihadisten bereits festgesetzt haben. Die Armee kämpfe in dieser Region und möchte eine zweite Front im Süden des Landes unbedingt vermeiden

Meistgelesene Artikel