Malediven: Ein Paradies voller Widersprüche
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Bild 1 von 14. Inselparadies: Die Republik Malediven besteht aus beinahe 1200 Inseln. Auf 110 stehen Luxus-Resorts. Auf 220 weiteren Inseln wohnen die Einheimischen. Die Malediven liegen im indischen Ozean auf beinahe 900 Kilometern Länge und 26 Atollen verstreut. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 2 von 14. Das Kurumba-Resort ist das älteste auf den Malediven. Anfang der 1970er-Jahre begann hier der Tourismus. Es liegt zehn Bootsminuten von der Flughafen-Insel und ebenso weit von der Hauptinsel Male entfernt. Eine Übernachtung kostet ab 350 Dollar aufwärts. Die Hotelgäste kommen aus der ganzen Welt: Aus Saudiarabien, Australien, Europa oder Amerika. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 3 von 14. Viele Gäste verbringen ihre Flitterwochen auf den Inseln – wie dieses ukrainische Paar. Die Insel ist ein Mikrokosmos. Sie wird mit einem Dieselgenerator betrieben. Das Süsswasser für die Pools und den Hausgebrauch wird in einer eigenen Entsalzungsanlage hergestellt. Und natürlich entsteht in einem Resort auch jede Menge Abfall... Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 4 von 14. Der Abfall landet auf der Insel Tilafushi. Einst war sie gefüllt mit klarem Wasser. In den 1990er-Jahren beschloss die Regierung, den gesamten Müll des Inselstaats hier abzuladen. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 5 von 14. Rund 300 bis 400 Tonnen Abfall werden täglich nach Tilafushi transportiert. Ein lokaler Einwohner produziert pro Kopf ungefähr 3.5 kg täglich. Ein Tourist beinahe das Doppelte. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 6 von 14. Beissender Rauch auf der ganzen Insel. Es wird alles verbrannt, egal ob es giftig ist oder nicht. Die Arbeiter leiden an Hautkrankheiten und Lungenproblemen. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 7 von 14. Es sind meist Hilfsarbeiter aus Bangladesch. Sie werden auf die Malediven gelockt mit dem Versprechen auf gute Arbeit. Hier verdienen sie aber 100 Dollar im Monat oder weniger. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 8 von 14. Die Coca Cola Fabrik auf der Insel Thulusdhoo bietet etwas über 100 Arbeitsplätze. Aber auch hier werden laut der Südasienkorrespondentin Karin Wenger meist Bangladeschi beschäftigt. Für 100 Dollar im Monat. Sie stellen aus Meerwasser Mineralwasser her. Umweltaktivisten beschweren sich: Die Plasticflaschen verschmutzen weite Teile des Inselreichs. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 9 von 14. Die Hauptinsel Male. Hier lebt ungefähr die Hälfte aller Malediver, ca. 150'000 Personen auf dichtem Raum. Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit und Langeweile gehören zu den grössten Problemen der Jugendlichen. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 10 von 14. Zurzeit regiert Präsident Mohamed Waheed. Der Inselstaat wurde jedoch 30 Jahre lang vom Autokraten Maumoon Abdul Gayoom regiert. Er übernahm die Führung der Republik, als Nasheed im Februar 2012 nach einer Meuterei in der Polizei und gewaltsamen Zusammenstössen zurücktreten musste. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 11 von 14. Abdullah Yameen erlangte am 7. September den zweiten Platz mit 25 Prozent. Er ist der Halbbruder des ehemaligen Diktators Gayoom und würde höchstwahrscheinlich die Politik der alten Elite weiterführen. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 12 von 14. Anhänger von Präsidentschaftskandidat Mohamed Nasheed an einer seiner Wahlveranstaltungen auf der Hauptinsel Male. Sie hoffen, dass er die Inseln weiter öffnet, Arbeitsplätze schafft und mehr Unterhaltungsmöglichkeiten. «Einzige Beschäftigung ist Mofa fahren und Kaffeetrinken», sagt Wenger. Viele Jugendliche wollten einfach weg. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
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Bild 13 von 14. Mohamed Nasheed. Während seiner ersten Amtszeit als Staatspräsident von 2008 bis 2012 hat er einiges getan: Gratis Gesundheitsversorgung, mehr Fähren. Und er brach ein Tabu im islamischen Inselstaat. Die Bewohner sollten Spass haben und sich nicht von der Polizei fürchten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 14 von 14. Nasheed hat während seiner Zeit als Präsident auch die lokalen Inseln für den Tourismus geöffnet. In Thulusdhoo haben so viele Bewohner ein eigenes Gästehaus eröffnet. Eine Übernachtung kostet 50-100 Dollar. Vor allem Surfer aus aller Welt kommen auf die Insel, die für ihre Surfspots bekannt ist. Bildquelle: SRF/Karin Wenger.
Alles verlief, wie es in einer Demokratie verlaufen sollte. Am 7. September fanden in der Republik Malediven Wahlen statt. Vier Kandidaten traten an, die Stimmen wurden ausgezählt. Niemand schaffte es auf Anhieb.
Die Wahlen waren frei und fair, so das Fazit internationaler Beobachter. Die Stichwahl wurde auf Samstag, den 28. September festgelegt.
Doch dann: die Notbremse. Das Oberste Gericht verschiebt den zweiten Wahlgang auf unbestimmte Zeit. Grund ist die Einsprache des Drittplatzierten. Der reiche Resort-Besitzer Qasim Ibrahim bemängelte, im Wählerregister seien Tote und Fantasiepersonen registriert.
Das Vorgehen ist politisch motiviert. Davon ist SRF-Südasien-Korrespondentin Karin Wenger überzeugt. «Die alte Elite will um jeden Preis verhindern, dass Nasheed wieder an die Macht kommt.»
Mohamed Nasheed erhielt beim ersten Wahlgang 45 Prozent der Stimmen und verpasste nur knapp die Mehrheit. Der Umwelt- und Menschenrechtsaktivist war 2008 bei den ersten demokratischen Wahlen zum Präsidenten gewählt worden. Er wurde weltweit bekannt durch eine aufsehenerregende Aktion: 2009 hielt er unter Wasser eine Kabinettssitzung ab, um auf den steigenden Meeresspiegel aufmerksam zu machen.
Der 43-jährige Nasheed legte sich aber insbesondere mit der alten Elite an. Diese regierte den Staat zuvor während 30 Jahren. «Nasheed rüttelte an den alten Machtstrukturen. Nachdem er einen Richter verhaften liess, wurde er im Februar 2012 gestürzt. Das Gericht besteht noch heute aus handverlesenen Richtern aus der Ära des Diktators Gayoom», erklärt Wenger.
So kam die alte Elite wieder zurück an die Macht – durch den Vizepräsidenten Mohamed Waheed. «Er war damals der Kompromisskandidat der alten Garde. Sie hatte ihn vorgeschoben für den Coup. Ein ehemaliger hoher Angestellter im Sicherheitsapparat sagte mir, dass alles genau geplant gewesen sei», sagt die Korrespondentin, die für mehrere Reportagen in den islamischen Inselstaat gereist war.
Demokratie versus Diktatur
In der Stichwahl stünden sich zwei Kandidaten gegenüber, die in die entgegengesetzte Richtung gehen wollen: Mohamed Nasheed in Richtung Öffnung, Abdullah Yameen zurück zur alten Struktur. Yameen ist der Halbbruder des früheren Diktators Gayoom. Er erreichte beim ersten Wahlgang lediglich 25 Prozent. Die Rechnung der Elite ging nicht auf.
Doch vermutlich wird die Wahl am Samstag nun eben nicht durchgeführt – ausser, der Druck aus dem Ausland ist am Ende doch zu gross. Die EU forderte die Verantwortlichen auf, die Stichwahl ohne Verzögerung durchzuführen.
Paradies voller Widersprüche
Den rivalisierenden Politikern war bereits während des Wahlkampfes jedes Mittel Recht, um den beim Volk beliebten Nasheed zu diskreditieren. Selbst der Verlust ihrer eigenen Glaubwürdigkeit: «Qasim Ibrahim, der gegen das Wahlresultat Einspruch erhoben hat, warf Nasheed vor, er sei unislamisch. Gleichzeitig schenkt Qasim in seinen Resorts Alkohol aus und bietet seinen Gästen Schweinefleisch an», erklärt die Korrespondentin.
In dem islamischen Inselstaat im indischen Ozean ist Alkohol verboten. Zumindest für die 300‘000 Inselbewohner. Für die Touristen in den Luxus-Resorts gilt das Verbot nicht.
Dies ist nur einer der zahlreichen Widersprüche auf den Inseln. Wer Ferien macht in einem der 110 Luxus-Resorts, zahlt so viel für eine Nacht, wie ein Malediver in einem Monat verdient.
Ein Tourist produziert doppelt so viel Abfall wie ein Bewohner. Und wo der Abfall verschwindet, sieht der Besucher höchstens aus weiter Ferne. «Die Rauchwolke über der Abfallinsel Tilafushi sieht man von Kurumba aus – vom ältesten Luxus-Resort der Malediven. Die wenigsten Touristen wissen, was dort vor sich geht», sagt Karin Wenger, die mit Besuchern gesprochen hat.
Dilemma mit Bier und Bikini
Doch nun beginnt sich diese Trennung zwischen Besuchern und Inselbewohnern etwas aufzuweichen. Laut Karin Wenger öffnete Nasheed mit einer Guesthouse-Policy den Tourismus. Auf kleineren Inseln seien kleine, aber feine Gästehäuser entstanden. «Das provoziert einige Konflikte. Touristen wollen halt trotzdem im Bikini baden und Bier trinken.» Doch viele störe das auch nicht. Denn es öffnete auch den Arbeitsmarkt.
Auch die Natur profitiere von der Öffnung. Früher sei der Abfall achtlos am Strand deponiert worden, weiss Karin Wenger. «Heute ist den Bewohnern klar: Wenn Touristen kommen sollen, müssen wir unsere Insel sauber halten».
(buev)