Liechtenstein, das bedeutete lange Zeit: Steuerhinterziehung, Schwarzgeld und dubiose Briefkastenfirmen. Doch davon will das Fürstentum nichts mehr wissen. Es geht seit fünf Jahren neue Wege. Konsequenter als die Schweiz versucht es, die Weissgeld-Strategie umzusetzen und stellt sich bereits auf den automatischen Informationsaustausch ein. Man sei gut unterwegs, beteuert Wirtschaftsminister Thomas Zwiefelhofer: «Natürlich ist das nicht wie ein Lichtschalter, den man ein oder ausschalten kann. Das braucht seine Zeit.»
Der Finanzplatz gehe nun diesen neuen Weg. Liechtenstein sei stark daran interessiert, dass die ganze Steuerthematik nicht mehr der Kernpunkt des Finanzplatzes sei.
Der Finanzplatz Liechtenstein durchlaufe gerade einen schmerzhaften Wandlungs-Prozess: Noch nicht alle Marktteilnehmer seien gleich weit fortgeschritten, sagt der Wirtschaftsminister vorsichtig. Will heissen: Es können wohl durchaus noch Altlasten zum Vorschein kommen: «Es kann schon sein, dass uns noch der eine oder andere Rückschlag einholt, dass die eine oder andere Geschichte noch publik wird.»
Vermögensverwaltung ist eingebrochen
Noch ist nicht alles Gold, was glänzt. Ohnehin stehen die Banken unter Druck: Das ehemals lukrative Vermögensverwaltungsgeschäft ist eingebrochen, Gelder wurden abgezogen. Gegenüber dem Vorkrisenjahr 2007 fielen die in Liechtenstein verwalteten Vermögen um fast ein Drittel, die Reingewinne der Banken um zwei Drittel.
Dazu kommt, dass die regulatorischen Auflagen im EWR-Mitgliedsland strenger geworden sind. Auch Thomas Zwiefelhofer rechnet deshalb mit weiteren Marktbereinigungen. Die Fusion zweier liechtensteinischer Banken von letzter Woche dürfte deshalb erst ein Vorbote gewesen sein: «Die Regulierungen führen zu viel mehr Kostendruck und die Banken können die nötige Substanz teilweise nur noch durch Kooperationen erreichen.»
Weg vom Finanzplatz-Image
Sowieso will Liechtenstein wegkommen vom Image, nur ein Finanzplatz zu sein. Schliesslich ist das Ländle doch noch viel mehr eine Industrienation. Der produzierende Sektor überragt mit einem Anteil von 40 Prozent am Bruttoinlandprodukt den Finanzsektor mit seinen 27Prozent um Längen.
Die neue Standortstrategie will das Fürstentum als innovativen Werkplatz positionieren und die Rahmenbedingungen für Neuansiedlungen von Unternehmen verbessern. Bezüglich Firmendichte hält Liechtenstein schon jetzt den Weltrekord: Ein Unternehmen auf neun Einwohner, und das ohne die Briefkastenfirmen, wie Thomas Zwiefelhofer betont: «Diesen unternehmerischen Geist wollen wir schützen und unterhalten für die Zukunft.»
Grenzen des Wachstums
Doch der Platz ist beschränkt im Kleinststaat, der Boden knapp, die Preise hoch. «Die Grenzen definiert die Wirtschaft selbst. Die Wirtschaft macht die Wirtschaft. Aber als Kleinstaat hat man bestimmte Grenzen», sagt Zwiefelhofer. Damit der Bodenmarkt eine gewisse Flexibilität behalte und Wachstum trotz allem zulasse, sei die Politik gefordert.
Liechtenstein bietet praktisch gleich viele Arbeitsplätze an wie es Einwohner hat, nämlich 37'000. Das bedeutet, dass ein Grossteil der Arbeitskräfte täglich ins Fürstentum pendelt. Acht von zehn neuen Stellen würden von Grenzgängern besetzt, sagt Wirtschaftsminister Zwiefelhofer. Die meisten kommen aus der Schweiz.
Die Verkehrsinfrastruktur stösst an Grenzen, die neue Standortstrategie sieht vor, die Strasse künftig durch eine S-Bahn zu entlasten.
Das Fürstentum hat viel vor. Nun muss nur noch das Ausland davon überzeugt werden davon, dass Liechtenstein nicht mehr Steuerhinterziehung, Schwarzgeld, Briefkasten-Firmen bedeutet. «Ich glaube, wir sind gut unterwegs, was die Reputation unseres Landes angeht. Wenn wir unsere Stärken, das neue Liechtenstein, besser verkaufen, wird unser Ruf noch besser», sagt Zwiefelhofer.