Grossbritannien rüstet im Internet auf. Eine Armee von Computerexperten soll heimische Netze vor Angreifern schützen. Es reiche aber nicht, nur eine Verteidigung aufzubauen, sagte Verteidigungsminister Philip Hammond: «Wie in anderen Bereichen der Kriegsführung ist auch hier Abschreckung wichtig.»
Auch selbst angreifen
Grossbritannien werde dafür eigens Kapazitäten für einen Gegenschlag im Netz und falls nötig einen eigenen Cyber-Angriff aufbauen. Dazu sollten in den kommenden Monaten Hunderte von Fachleuten für eine «Cyber-Reserve» rekrutiert werden.
In einem Interview vom Sonntag sprach Hammond von «klinischen Cyber-Schlägen», mit denen feindliche Telekommunikationsnetze, nukleare und chemische Waffen, Flugzeuge, Schiffe und anderes stillgelegt werden könnten.
Die Fitness spielt keine Rolle
Für die Rekrutierung der neuen Miliz-Angehörigen habe die Armee eigens die Fitness-Vorschriften gelockert, weiss SRF-Korrespondent Martin Alioth zu berichten. Man gehe wohl davon aus, «dass diese Computer-Tausendsassas eher übergewichtig und sesshaft» seien.
Neu an den Plänen der britischen Regierung sei die offensive Kapazität der eigenen Cybertruppen. «Computerviren statt Granaten – das ist menschlicher und wohl auch billiger», so Alioth. Verteidigungsminister Hammond habe das Projekt ‹die grösste militärische Revolution seit der Ablösung der Kavallerie durch Panzer› genannt.
Weiterhin in der ersten Liga?
Für Alioth ist der Zeitpunkt der Ankündigung, just zum Beginn des konservativen Parteitags in Manchester, kein Zufall: Die Parteibasis von Premier David Camerons Konservativen sorge sich wegen der Milliarden-Einsparungen bei der Armee. Die Verlagerung auf die elektronische Kriegsführung biete deshalb ein «politisches Feigenblatt, dass Grossbritannien immer noch in der ersten Liga mitspielt.»
Im vergangenen Jahr wurden laut Angaben des Verteidigungsministers 400‘000 Angriffe gegen das britische Regierungsnetz abgeblockt. Die Angriffe seien hauptsächlich von China und Russland aus gesteuert worden.