Ende Dezember 2012 beantwortete Frankreichs Präsident den Hilferuf aus der Zentralafrikanischen Republik mit dem Satz: «Diese Zeiten sind vorbei». Damit schob er einer militärischen Hilfe für die ehemalige Kolonie unmissverständlich einen Riegel vor.
Knappe zwei Wochen später dann die Kehrtwende: Französische Soldaten kämpfen doch in Afrika – nicht in Zentralafrika, sondern in Mali
Laut Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian handelte Paris «bevor es zu spät ist». Zu spät, aber wofür? Zu spät für eine Rettung Malis vor islamistischen Rebellen? Oder geht es um die Uranvorkommen im benachbarten Niger?
Bodenschätze
Afrika-Experte Ulrich Delius von der Gesellschaft für bedrohte Völker glaubt: Das Vordringen der islamistischen Kräfte bedrohe «strategische und wirtschaftliche Interessen». Frankreich versorge ein Drittel seiner Atomkraftwerke mit Uran aus dem benachbarten Niger. Und überhaupt: «Wo Uran ist, ist auch Gold», sagt Delius. Der Norden Malis und des Nigers sei nicht so arm wie er scheine.
Ein weiterer Grund für die Intervention sei die Geiselnahme französischer Bürger im Niger gewesen – durch malische Rebellen. Die Geiselnahme erfolgte dort, wo die Uranminen liegen. Delius glaubt: Paris sei dadurch klar geworden, das «Herzstück der französischen Energieversorgung» könnte getroffen werden.
Der Afrika-Experte betont aber, dass hinsichtlich der Geiseln Frankreich die Hände gebunden waren. Deswegen habe sich Paris bis zum Eingreifen in Mali sehr zurückhaltend verhalten. Eine militärische Intervention hätte das Leben der Geiseln gefährdet.
Nachdem aber klar geworden sei, dass die Rebellen die Garnisonsstädte Mopti und die Hauptstadt Bamako einnehmen könnten, habe sich Paris zum Handeln gezwungen gesehen, sagt Delius. Damit setze Frankreich automatisch die internationale Gemeinschaft unter Druck, denn Paris habe bisher keinen Plan geliefert. Der Afrika-Experte fragt: «Was will man letztlich erreichen?» Das wisse keiner, resümiert er.
Trotz aller Zweifel helfen andere Staaten wie die USA, Deutschland, Grossbritannien und die Ecowas-Länder, «weil sonst der Eindruck entsteht, dass sie sich davon distanzieren würden».
Der Eindruck eines spontanen Eingreifens täusche, so Delius. Französische Ausbilder seien schon seit Monaten im Niger aktiv. Es habe auch schon einen Plan der Ecowas mit Frankreich gegeben, den die US-amerikanische UNO-Botschafterin Susan Rice als unzureichend bezeichnet habe.
«Kein schneller Sieg»
Die malische Bevölkerung reagiere auf den Einsatz Frankreichs «überwiegend begeistert», konstatiert Delius. An einen schnellen Sieg über die radikal-islamistischen Kräfte im Norden glaubt er dennoch nicht. Auch weil er die Ecowas-Truppen, die auf Dauer die Rebellen bekämpfen sollen, für nicht stark genug hält.
Delius bezweifelt, dass Frankreich die Rebellen mit Lufteinsätzen erfolgreich bekämpfen kann, denn diese würden sich den Kampfjets nicht auf Landwegen präsentieren. Zudem ist der Norden Malis doppelt so gross wie Frankreich.
Delius erklärt: Zwar bestünden die islamistischen Kräfte überwiegend aus Söldnern. Allerdings könnten sie auf die Ortskenntnis der verbündeten Tuareg zurückgreifen.
Die Tuareg spielen für Delius eine entscheidende Rolle im Konflikt. Erst wenn die malische Regierung diesen mehr Selbstbestimmung einräume, lasse sich der Norden des Landes dauerhaft befrieden.