Der Rechtsprofessor und Journalist Marcelo Rebelo de Sousa ist am Sonntag zum neuen Staatsoberhaupt Portugals gewählt worden. Der konservative Politiker setzte sich im ersten Anlauf mit gut 52,1 Prozent der Stimmen durch.
Rebelo wird Nachfolger von Aníbal Cavaco Silva. Der 76 Jahre alte Amtsinhaber muss nach zwei Mandaten am 9. März abtreten. Er ist ein Parteikollege Rebelos bei der konservativ-christdemokratischen Partei, die sich aber Sozialdemokratische Partei PSD nennt.
Rebelo wird nach seiner Amtsübernahme mit der noch jungen, von Beobachtern als sehr instabil betrachteten sozialistischen Minderheitsregierung von Ministerpräsident António Costa zusammenarbeiten müssen. Diese muss die Sparvorgaben der EU umsetzen und ist auf die Unterstützung der Grünen und der Kommunisten angewiesen.
Das Staatsoberhaupt hat in Portugal relativ viel Macht. Der Präsident, für fünf Jahre gewählt, kann sowohl sein Veto gegen Gesetze einlegen als auch das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen.
Es gibt bei diesen Wahlen keine Sieger und keine Besiegten, ich werde der Präsident aller Portugiesen sein, ich werde allen zu Diensten stehen.
Im Wahlkampf hatte Rebelo mehrfach versichert, er wolle auch als Konservativer der Linksregierung Beistand leisten. Nach seinem Triumph präsentierte sich der 67-Jährige in einer «Rede an die Nation» auch versöhnlich: «Es gibt bei diesen Wahlen keine Sieger und keine Besiegten, ich werde der Präsident aller Portugiesen sein, ich werde allen zu Diensten stehen.»
«Wachstum und Kampf gegen Verarmung»
Unter dem Jubel seiner Anhänger warnte Rebelo in der Rechtsfakultät der Universität Lissabon, ein Land, das aus einer schlimmen Krise komme, könne es «sich nicht leisten, Feindseligkeiten zu nähren». Er wolle die Portugiesen einen. Nur mit Wirtschaftswachstum und der Bekämpfung der Verarmung werde man im Ex-Krisenland soziale Spannungen und eine Radikalisierung verhindern können.
Der über Jahre mit internationalen Hilfskrediten unterstützte EU-Staat mit gut zehn Millionen Einwohnern steht seit 2014 finanziell wieder auf eigenen Beinen. Nach dem komplizierten Regierungswechsel von Ende 2015 hat man aber noch keinen Haushalt für 2016.
Der Sozialist Costa will viele Sparmassnahmen abschaffen. Er versprach aber, dass man mit einem Defizit von 2,6 Prozent der Wirtschaftsleistung die Auflagen aus Brüssel auf jeden Fall einhalten wolle.
Konkurrenz chancenlos
Rebelo de Sousa hatte im Wahlkampf vor allem mit seinem volksnahen und jovialen Stil für viel Aufsehen gesorgt und seine Gegner auch in den Umfragen bald in den Schatten gestellt. Noch in der Wahlnacht erhielt der frühere Minister für Parlamentarische Angelegenheiten Glückwünsche von allen Konkurrenten.
Ein parteiloser Kandidat, der sozialistisch orientierte langjährige Rektor der Universität Lissabon, António Sampaio da Nóvoa (61), kam mit knapp 23 Prozent abgeschlagen auf Platz zwei. Enttäuschend verlief der Urnengang vor allem für die Sozialistin Maria de Belém, die sich hinter Marisa Matias vom marxistischen Linksblock BE (10 Prozent) mit nur gut 4 Prozent und Platz vier begnügen musste.
Für Portugal war es die 9. Präsidentenwahl seit der Nelkenrevolution von 1974. Mit zehn Bewerbern traten so viele Kandidaten wie noch nie zuvor bei Präsidentenwahlen in Portugal an.