Mit der Wahl seines Kandidaten festigt Ministerpräsident Matteo Renzi seine Position als Regierungschef. Gleichzeitig löst er damit den Pakt mit Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi, für den Renzi von linker Seite unter Beschuss geraten ist.
«Vor allem ging ihnen gegen den Strich, dass Renzi mit Berlusconi gewisse Reformen persönlich besprach und durchsetzte», sagt SRF-Mitarbeiter und Italienkenner Rolf Pellegrini. Die Wahlrechtsreform etwa, die beim linken Flügel von Renzis Demokratischer Partei (PD) auf erbitterten Widerstand traf.
Mattarella als Wunschkandidat der Linken
Die Neuregelung sieht vor, dass im Abgeordnetenhaus die Partei, die mindestens 40 Prozent der Stimmen bekommt, automatisch eine 55-Prozent-Mehrheit erhält. Was für stabile Verhältnisse in der turbulenten italienischen Politik sorgen soll, stärkt auch Renzis Sozialdemokraten – die stärkste Partei im Senat.
Mit der Wahl seines Kandidaten besänftigt nun Renzi den Widerstand in seiner Partei – Mattarella gilt nämlich als erklärter Gegner Berlusconis. Zusammen mit anderen Ministern trat der Verfassungsrichter 1990 aus Protest gegen ein Gesetz zurück, das Berlusconis Medienimperium begünstigte. Mattarella habe sich immer gegen die Verflechtung von persönlichen und politischen Interessen eingesetzt, sagt Italienkenner Pellegrini. «Diese Haltung gefällt der postkommunistischen Linken in Renzis Partei sehr.»
Berlusconi ist der grosse Verlierer
Renzi hat nun also zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Dank der mit Berlusconi umgesetzten Wahlrechsreform bereitet er sich den Weg zu einer Mehrheit im Senat und besänftigt mit Mattarella als Staatspräsident und Berlusconi-Gegner die linke Opposition in seiner Partei. «Renzi hat einen taktischen Meisterzug vollbracht», bilanziert Pellegrini.
Der grosse Verlierer der Wahl ist Berlusconi. Als Gegenleistung für die Unterstützung von Renzis Wahlrechtsreform glaubte er ein Mitspracherecht bei der Wahl des Staatspräsidenten zu haben. «Er hoffte darauf, dass einer seiner Sympathisanten in den Präsidentenpalast einzieht», sagt der SRF-Mitarbeiter. Die Wahl von Mattarella werde von Berlusconi nun als Wortbruch – ja sogar als Verrat Renzis empfunden.