Zum Inhalt springen

International May will Zuwanderung eigenständig kontrollieren

Die britische Premierministerin Theresa May will nach dem Brexit die Kontrolle über die Zuwanderung zurück erlangen. Doch auch zum Abschluss des Tory-Parteitags vermeidet sie konkrete Aussagen, wie das Verhältnis mit der EU künftig aussehen soll.

Die britische Premierministerin bekräftigte an ihrer Abschlussrede am Tory-Parteitag ihren Brexit-Fahrplan. Bis spätestens Ende März 2017 will Theresa May die Austrittsverhandlungen mit der EU einleiten, das heisst den Artikel 50 der EU-Verträge auslösen. Dies hatte sie bereits am Sonntag angekündigt.

Die Tories als Arbeiterpartei?

Laut SRF-Korrespondent Urs Gredig hat aber das Thema Brexit, welches die Partei am meisten bewegt und spaltet, in der heutigen Rede erstaunlich wenig Platz eingenommen. Die Thematik hatte May wohl bewusst auf den Beginn der Konferenz (am vergangenen Sonntag) gelegt.

May ist daran gelegen, die Partei in der politischen Mitte zu verankern, die Tories für so viele Briten wie möglich wählbar zu machen.
Autor: Urs Gredig Korrespondent SRF

Heute ging es um ihre persönliche Vision über die Zukunft Grossbritanniens. «May ist offensichtlich daran gelegen, die Partei in der politischen Mitte zu verankern, die Tories also sozusagen für so viele Briten wie möglich wählbar zu machen», sagt Gredig.

Diesen Versuch hat bereits David Cameron eingeleitet – auch weil die UKIP ihm am rechten Rand die Wähler wegnahm. May forciert diesen Gedanken der «One Nation Tories» nun noch mehr. «Sie sprach sogar davon, dass die Tories auch die wahre Partei für die Arbeiter sei, was man so auch nicht von den Konservativen gehört hat», sagt Gredig.

Die Premierministerin sei bestrebt, die Partei vom Ruch der Besserverdienenden und privilegierten Privatschul-Abgängern zu befreien. May, die Pfarrerstochter, ist eine Vertreterin der Meritokratie: Nur wer es wirklich verdient, soll Erfolg haben: Die Leistung sollte entscheiden und nicht die Herkunft.

Brexit: hart oder weich?

Theresa May hat sich heute nicht näher festgelegt, wie die künftigen Beziehungen mit der EU konkret ausgestaltet will. Insbesondere nicht, wie das Dilemma zwischen zwei Zielen aufgelöst werden soll:

  • May will für britische Unternehmen «maximale Freiheiten», um Waren und Dienstleistungen auf dem Europäischen Binnenmarkt zu handeln. Also einen möglichst uneingeschränkten Zugang zum Europäischen Binnenmarkt.
  • Gleichzeitig will sie die Personenfreizügigkeit nicht akzeptieren. «Wir verlassen die EU nicht, um noch einmal die Kontrolle über die Einwanderung abzugeben», sagt May. «Und wir verlassen sie nicht, um uns wieder der EU-Rechtsprechung zu unterstellen.» Grossbritannien solle wieder ein souveränes und unabhängiges Land werden.

Die Frage ist: Will May wirklich die eigenständige Kontrolle über die Zuwanderung, sprich einen «harten Brexit»? Denn dies würde wohl bedeuten, dass sie auf den vollen Zugang zum EU-Binnenmarkt verzichten müsste. Ihre jüngsten Äusserungen werden weitherum dahingehend interpretiert, dass dies der Fall ist.

Es sei zu früh, um sagen zu können, was für eine Einigung man mit der EU erreichen werde, sagt May heute. «Es werden harte Verhandlungen.» Doch sie werde dem Druck, dies fortlaufend zu kommentieren, nicht nachgeben. Denn es sei nicht in Grossbritanniens Interesse.

Gleiches Dilemma wie die Schweiz

Grossbritannien befindet sich damit im gleichen Dilemma wie die Schweiz: Eine Begrenzung der Zuwanderung verstösst gegen die Personenfreizügigkeit. Und egal ob ein Land Mitglied der EU oder des EWR ist oder ein Partner in bilateralen Verträgen: Die EU hat bisher keinerlei Anzeichen gemacht, dass sie Einschränkungen der Personenfreizügigkeit und zugleich einen Zugang zum Binnenmarkt akzeptieren würde.

Meistgelesene Artikel