Das erste Sondierungsgespräch zwischen Christdemokraten und Sozialdemokraten war nicht mehr als ein Abtasten. Am 14. Oktober wollen die Unterhändler erneut zusammenkommen.
Vorher wollen CDU und CSU am kommenden Donnerstag auch mit den Grünen inhaltliche Schnittmengen ausloten.
«Gottesanbeterin Merkel sucht nach neuen Opfern», schrieb die deutsche Tageszeitung «Die Welt» nach dem fulminanten Wahlsieg der Kanzlerin. Dabei hätte es des Ausflugs in die Tierwelt gar nicht bedurft. Ein Blick in die Werke der Gebrüder Grimm wäre ebenso passend gewesen.
Macht oder Untergang? Oder beides?
Denn SPD und Grüne dürften sich derzeit ein bisschen wie Hänsel und Gretel fühlen. Da lockt die freundliche Hexe alias Frau Merkel mit Pfefferkuchen und am Ende landen die beiden Ahnungslosen im Backofen beziehungsweise gehen im Fegefeuer der nächsten Wahl grandios unter.
Weil sich das nun schon zweimal so oder zumindest so ähnlich ereignet hat, sind die Märchenkinder SPD und Grüne derzeit etwas bockig. Nicht wenigen bei den Sozialdemokraten wäre es deshalb gar nicht so unrecht, wenn die Grünen und CDU sich auf eine gemeinsame Regierung einigen würden.
Doch noch ist der Machthunger und der Hang zur Selbstkasteiung in der SPD grösser. Unter anderem deshalb wird man sich heute in Berlin erstmals mit den Christsozialen treffen.
Noch keine klaren Abmachungen
Knapp zwei Wochen nach der Bundestagswahl kommt es damit zu den ersten Sondierungsgesprächen. Dabei sollen die Chancen für offizielle Koalitionsverhandlungen ausgelotet werden.
Detaillierte Absprachen wird es aber noch nicht geben. Beobachter glauben ohnehin, dass sich die Regierungsbildung noch lange hinziehen wird. Zeitungen spekulieren gar über einen Termin nicht vor Weihnachten beziehungsweise dem neuen Jahr.
«Heute geht es darum, einander ein bisschen zu spüren», schätzt Stefan Reinhart, SRF-Korrespondent in Berlin, die Lage ein. Man wolle sehen, in welchen Fragen man sich entgegen kommen könnte. Klare Abmachungen kämen erst in den nächsten Wochen.
Gespräche mit den Grünen
Merkel will auch Gespräche mit den Grünen führen. Ein Bündnis mit den Grünen sei nicht unrealistisch, sagt Reinhart in der «Tagesschau». Auch die Grünen hätten ein gewisses Interesse daran, zu regieren. Die Übereinstimmungen zwischen CDU und SPD seien jedoch grösser.
Merkel setze die SPD bei den Verhandlungen unter Druck. «Wenn sie sagt: Hört, nächste Woche spreche ich auch mit den Grünen, dann will sie Zugeständnisse von der SPD sehen.» Alles in allem laufe alles auf eine grosse Koalition zwischen SPD und CDU hinaus.
CDU-Chefin Merkel war aus der Wahl vom 22. September als klare Siegerin hervorgegangen. Nach dem Scheitern der FDP muss sie sich aber einen neuen Regierungspartner suchen.
FDP sucht ihren Weg
Derweil die CDU einen Koalitionspartner sucht, sucht die FDP einen Weg aus ihrer Schockstarre. Nach der Misere bei dem Wahlsonntag haben die Spitzenpolitiker praktisch nichts mehr hören lassen. Bis heute: Christian Lindner, der Mann, welche die Führung der stark angeschlagenen Partei übernehmen will, hat sich den Medien gestellt.
Und gab sich kämpferisch: «Wir sind zwar aus dem Bundestag ausgeschieden aber nicht aus der deutschen Politik», sagte Linder vor den Medien. Seine Strategie: Die FDP dürfe sich in Zukunft nicht mehr so stark an die CDU binden, sagte Linder. Ob er wirklich das neue Zugpferd der FDP wird, wird die Partei im Dezember entscheiden.