Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat bei einem Besuch des britischen Premiers David Cameron in Berlin eine Änderung der europäischen Verträge nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Sie habe mit Cameron über die «Erwartungen und Wünsche Grossbritanniens» gesprochen.
Dies sagte Merkel bei einer Pressekonferenz mit dem britischen Gast, der derzeit in Europa für eine Reform der EU wirbt. Es gebe Bereiche, wo auch Deutschland Sorgen habe, etwa den Sozialmissbrauch im Zusammenhang mit der Freizügigkeit in Europa. Änderungen seien hier «gegebenenfalls» auch im deutschen Interesse, sagte die Kanzlerin.
Merkel unterstützt Entbürokratisierungsbemühungen
Deutschland werde den «Prozess Grossbritanniens bis hin zu einem Referendum konstruktiv begleiten», sagte Merkel. Im übrigen habe Europa sehr häufig bewiesen, dass es nach dem Motto «Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg» funktioniere. Nach diesem Prinzip werde auch dieses Mal wieder verfahren. Zunächst werde nun über Inhalte gesprochen. Erst anschliessend sei es sinnvoll, über die Art möglicher Änderungen zu sprechen.
Merkel lobte die enge Zusammenarbeit mit London und betonte, dass die Bundesregierung etwa das britische Anliegen zur Entbürokratisierung der EU unterstütze. An Grundfreiheiten wie der Freizügigkeit für EU-Bürger könne es in der Reformdebatte aber keine Abstriche geben.
Etwas anderes sei die Debatte über Sozialleistungen für EU-Bürger, die für die britische Regierung angesichts der hohen Zahl von Zuwanderern aus Osteuropa auf der Insel eines der wichtigsten Anliegen ist. Da es noch keine Sozialunion mit gleichen Leistungen in der EU gebe, könne es auch in Deutschland Probleme geben, räumte Merkel ein.
Berlin hofft, dass London EU-Mitglied bleibt
Die deutsche Regierung sage nicht, dass eine Änderung der europäischen Verträge generell unmöglich sei, sagte Merkel. Es sei aber wichtig, dass nicht Form-, sondern Sachfragen an den Beginn einer Diskussion gestellt würden.
Zugleich betonte Merkel, es gebe von deutscher Seite «eine klare Hoffnung, dass Grossbritannien Mitglied bleibt» in der Europäischen Union. Entscheiden werde darüber aber natürlich die britische Bevölkerung.
Referendum bis Ende 2017
Cameron, der die Briten bis spätestens Ende 2017 über den Verbleib des Landes in der EU abstimmen lassen will, sagte bei der Medienkonferenz, er denke, «dass es im Interesse Grossbritanniens ist, in der EU zu bleiben».
Er habe mit Merkel über seinen Plan zur EU und den Platz Grossbritanniens in dem Staatenbund gesprochen. Es gebe verschiedene Besorgnisse der Bevölkerung in seinem Land, sagte Cameron, der auf eine Reform der Union drängt: «Diese immer engere Union, das funktioniert für uns nicht.»
Cameron kann nichts ausschliessen
Die EU habe aber gezeigt, dass sie flexibel sei, wenn ein Mitgliedstaat Probleme habe, sagte Cameron. Er sei «sehr zuversichtlich», dass dies auch dieses Mal wieder geschehe. Sein Gespräch mit Merkel – vor allem ihre Formulierung «Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg» - habe ihn «ermutigt», sagte Cameron.
Auf die Frage, was geschehe, wenn er sich mit seinen Änderungswünschen nicht durchsetzen könne, sagte Cameron: «Ich hoffe und erwarte, dass ich erfolgreich bin.» Er könne allerdings auch «nichts ausschliessen», wenn er seine Ziele nicht erreiche.