Zum Inhalt springen

International Mursi beschwört Einheit Ägyptens

Nach der Annahme der Verfassung sollen die Ägypter nun innerhalb von zwei Monaten ein neues Parlament wählen. Ein Denkzettel für die Muslimbrüder droht. Präsident Mursi will sich vor allem um die Wirtschaft kümmern.

Nach der Annahme einer neuen Verfassung in Ägypten hat der islamistische Präsident Mohammed Mursi die Einheit der Ägypter beschworen. «Ich wiederhole meinen Aufruf an alle politischen Parteien und Kräfte, sich am Dialog zu beteiligen», sagte Mursi in einer Fernsehansprache.

Es habe Fehler gegeben, sagte der Präsident. «Aber Gott weiss, dass ich jede Entscheidung zur Ehre Gottes und des Landes treffe.» Das Verfassungsreferendum sei «transparent und unter voller Beobachtung der Zivilgesellschaft und der Justiz» abgehalten worden.

Vorrangig werde er sich um die Entwicklung der Wirtschaft kümmern, versprach der Präsident. «Ich werde alle Anstrengungen unternehmen,  um die ägyptische Wirtschaft anzukurbeln», sagte Mursi offenbar mit Blick auf viele Unzufriedene im Land.

Wirtschaftliche Anstrengungen sind für das Land nötig, wie Ägypten-Expertin Astrid Frefel gegenüber SRF sagte. «Seit der Revolution sind die Devisenreserven auf die Hälfte geschrumpft.» Es habe ein Loch in der Haushaltskasse.

Mursi ernennt restliches Parlament

Die stark am islamischen Recht ausgerichtete Verfassung war von einer Mehrheit der ägyptischen Wähler gebilligt worden. Allerdings hatten sich nur 33 Prozent der rund 52 Millionen Wahlberechtigten an dem Referendum beteiligt.

Präsident Mursi hält eine Rede – im Hintergrund die ägyptische Flagge.
Legende: Nachdem Mursi die Verfassung durchgesetzt hat, will er nun die wirtschaftlichen Probleme in Angriff nehmen. Reuters

Innerhalb von zwei Monaten soll nun ein neues Parlament gewählt  werden. Bis dahin übernimmt das Oberhaus die parlamentarischen Befugnisse von Mursi und soll Gesetze verabschieden. Die 270 Mitglieder der von Islamisten dominierten zweiten Parlamentskammer, tagten am Mittwoch in Kairo erstmals vollständig.

Mursi hatte erst am Wochenende das noch fehlende Drittel der 270  Mitglieder des Oberhauses ernannt. Die übrigen Mitglieder hatten ihr Schura-Mandat bei der Wahl zu Jahresbeginn 2012 errungen.

Ashton hinterfragt Verfassungs-Referendum

Die erste Verfassung seit dem Sturz von Machthaber Husni Mubarak  gibt den Islam-Gelehrten künftig mehr Einfluss und wird von Liberalen, Linken und Christen heftig kritisiert. Bis zuletzt hatte die Opposition versucht, die Abstimmung darüber zu verhindern.

Die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton reagierte zurückhaltend  auf das offizielle Ergebnis der Volksbefragung. «Ich nehme zur  Kenntnis, dass die Mehrheit für die Verfassung gestimmt hat. Ich nehme ebenfalls zur Kenntnis, dass die Wahlbeteiligung bei 33 Prozent lag», teilte sie mit.

Opposition fühlt sich übergangen

Die USA forderten Mursi auf, die Kluft in der gespaltenen Gesellschaft Ägyptens zu überbrücken. Zugleich riefen sie nach dem Referendum zu Verhandlungen und Kompromissen auf. Washington werde Kairo weiterhin bei dem demokratischen Übergang helfen, sagte Aussenamtssprecher Patrick Vernell. «Und wir hoffen, dass sich alle Seiten erneut einsetzen, um Gewalt zu verurteilen und zu verhindern.»

 

Die ägyptische Opposition befürchtet durch die neue Verfassung eine strengere Auslegung des islamischen Rechts, der Scharia, die die wichtigste Quelle der Gesetzgebung bleibt. Sie sehen sich in dem Verfassungsentwurf nicht repräsentiert. Deshalb hatte es in den vergangenen Wochen immer wieder heftige Proteste und zum Teil tödliche Krawalle gegeben.

Meistgelesene Artikel