In einer Erklärung rief die von den Muslimbrüdern angeführte Islamistische Koalition «alle Revolutionskräfte», politischen Parteien und «patriotischen Persönlichkeiten» zum Dialog auf. Es ist die erste derart versöhnliche Geste aus dem Lager der Regierungsgegner.
Als Voraussetzungen für einen Dialog zur Beilegung der Krise nannte die Koalition die Freilassung verhafteter Islamisten, die Wiedereröffnung islamistischer Fernsehsender und den Rückzug der mächtigen Armee in ihre Kasernen. Auch solle weiterhin «friedlich» gegen die Ereignisse vom Sommer protestiert werden.
Im Gegensatz zu früheren Vorschlägen verlangten die Islamisten jedoch nicht mehr explizit die Wiedereinsetzung Mursis als Bedingung für Gespräche.
Für die Stabilität zu Lösungen bereit
Imam Jussef von der islamistischen Koalitionspartei Asala sagte der Nachrichtenagentur AFP, sein Bündnis sei bereit zu «allen Lösungen, die Stabilität bringen». Die Islamisten seien auch gewillt, die Bedürfnisse der Millionen Ägypter zu akzeptieren, die auf der Strasse für Mursis Sturz demonstriert hatten.
Selbst eine Rückkehr der Muslimbrüder ans Regierungsruder sei nicht verpflichtend: «Wir wollen eine demokratische Lösung», versicherte Jussef, «und das heisst nicht notwendigerweise, dass wir an der Macht sein müssen».
Zuvor hatten die Muslimbrüder über Monate hinweg bei wöchentlichen Demonstrationen die Wiedereinsetzung des im Juli abgesetzten Präsidenten gefordert. Regelmässig hatten sie sich Strassenkämpfe mit Sicherheitskräften geliefert, weil sie die Entmachtung der Islamisten durch das Militär nicht hinnehmen wollten. Seit Mitte August kamen dabei Medizinern zufolge fast tausend Menschen ums Leben.
Mursi war nach Massenprotesten gegen seine islamistische Führung am 3. Juli vom Militär festgenommen worden. Anschliessend setzte Armeechef Abdel Fattah al-Sisi eine Übergangsregierung ein und liess nahezu die komplette Führungsriege der Muslimbruderschaft festnehmen.
Gericht will Partei verbieten
Vor Gericht wird zudem bald über das Schicksal der Partei «Freiheit und Gerechtigkeit» entschieden, die für die Muslimbrüder bei der Parlamentswahl Ende 2011 angetreten war und diese gewonnen hatte. Ein Zusammenschluss mehrerer Richter gab am Samstag die Empfehlung ab, die Partei zu verbieten.
Zwar muss sich die ägyptische Justiz nicht daran halten, erfahrungsgemäss folgt sie der Richterexpertise aber in den meisten Fällen. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Mena wird das zuständige Gericht bei einer Anhörung am 15. Februar über die Empfehlung beraten.