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International Nato will der Ukraine beistehen

Im Ukraine-Konflikt hielt sich die Nato bis anhin zurück. Doch der Besuch von Anders Fogh Rasmussen in Kiew beim ukrainischen Präsidenten zeigt, dass sie sich nun stärker engagieren will. Der Nato-Generalsekretär sicherte der Ukraine die Unterstützung der Nato zu. Was bedeutet das?

SRF: Warum legt die Nato ihre Zurückhaltung ab?

Fredy Gsteiger: Es gibt dafür zwei Hauptgründe. Nach Angaben der Nato hat Russland wieder verstärkt Truppen zusammengezogen, sehr nahe an der Grenze zur Ukraine. Anfang Woche hiess es, Russland habe etwa 12‘000 Soldaten dort stationiert, inzwischen sagt Nato-Generalsekretär Rasmussen, es handle sich um 20‘000 bis 21‘000 Soldaten. Es soll es sich um gut ausgerüstete und gut ausgebildete Soldaten handeln. Sie seien so positioniert, dass ein Einmarsch in die Ostukraine möglich wäre.

Fredy Gsteiger

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Portrait von Fredy Gsteiger

Der diplomatische Korrespondent ist stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St.Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» und Chefredaktor der «Weltwoche».

Weiter schätzt die Nato die Wahrscheinlichkeit, dass Russland die Drohung wahr macht und sogenannte Friedenstruppen in der Ostukraine einsetzt, höher ein als noch vor wenigen Tagen. Die Separatisten kontrollieren noch die zwei wichtigen Städte Donezk und Lugansk. Russland würde eingreifen, wenn die Separatisten diese verlieren würden, vermutet die Nato.

Wie wird es von Moskau aufgefasst, wenn sich die Nato verstärkt einmischt?

Russland bezeichnet es als Provokation seitens der Nato. Man darf nicht vergessen, dass der Hauptprovokateur seit vielen Monaten in diesem Konflikt Moskau ist und nicht der Westen. Aber das wird in Russland anders gesehen.

Auch wenn Russland behauptet oder gar suggeriert, dass Natotruppen in der Ukraine tätig werden, darf man nicht davon ausgehen, dass das stimmt. Davon ist man bei aller Unterstützung und Sympathie für die ukrainische Regierung noch weit entfernt. Kämpfe in der Ukraine mit eignen Truppen und eigenen Waffen plant die Nato nicht.

Ebenfalls nicht auf dem Programm der Nato steht, obwohl Russland das behauptet, dass sie die Ukraine zum Natomitglied machen will. Weder auf kurze noch auf mittlere Sicht beabsichtigt die Nato dies. Aus Sicht der Nato ist die Ukraine für eine Mitgliedschaft noch nicht reif. Ausserdem gibt es mit der Krim territoriale Probleme. Solange dieses Problem nicht gelöst ist, ist eine Mitgliedschaft nicht möglich.

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Was meint Nato-Generalsekretär Rasmussen damit, wenn er sagt, die Nato sei bereit, die Ukraine zu unterstützen?

Er meint beispielsweise Hilfe beim Aufbau der ukrainischen Armee. Diese Armee ist ja relativ gross, aber nicht sehr leistungsfähig. Die Nato kann hier Hilfe leisten bei der Ausbildung, beraten bei der strategischen Planung, bei der Cyber-Abwehr. Dort verfügt die Nato über grosse Fähigkeiten. Einzelne Nato-Ländern könnten auch militärisches Gerät an die Ukraine liefern, gewisse werden das auch tun. Die Lieferung von schweren Waffen, die die Ukraine erhofft, ist im Moment überhaupt noch nicht vorgesehen.

Es handelt sich hier demnach um langfristige Hilfe der Nato?

Es handelt sich um Hilfe, die sofort beginnen kann, die in ihrer Wirkung aber langfristig ist und die nicht sofort erkennbar ist.

Das Gespräch führte Lorenzo Bonati.

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