Zum Inhalt springen

International Neue Proteste nach Tod einer vergewaltigten Inderin

Eine von mehreren Männern vergewaltigte Inderin hat ihren tagelangen Kampf ums Überleben verloren. Die 23jährige erlag am Samstagmorgen ihren schweren Verletzungen. In ganz Indien bringen seither die Menschen ihre Wut und Trauer zum Ausdruck.

Indiens Premierminister Manmohan Singh hat der Familie und den Freunden des verstorbenen Vergewaltigungsopfers sein tiefstes Beileid ausgesprochen.

«Ihr Tod darf nicht umsonst gewesen sein»

Der Premier rief die Menschen im Land dazu auf, die wachgerüttelten Emotionen für einen gesellschaftlichen Wandel zu nutzen.

«Sie mag ihren Kampf ums Überleben verloren haben, aber es liegt an uns sicherzustellen, dass ihr Tod nicht umsonst war», erklärte er.

Die 23jährige Medizinstudentin sei am frühen Samstagmorgen gestorben, hatte das Spital in Singapur zuvor mitgeteilt.

Eine Frau schreibt auf eine weisse Wand
Legende: Gedenken in Kalkutta Bürgerinnen und Bürger schreiben Protest- und Trauernotizen auf eine Gedenktafel. Keystone

«Friedlich eingeschlafen»

«Sie litt unter schwerem Organversagen infolge massiver Verletzungen an Köper und Gehirn», teilte Klinikchef Kelvin Loh mit. «Sie hat lange mutig gegen alle Widrigkeiten ums Überleben gekämpft, aber die Verletzungen ihres Körpers waren einfach zu schwer, um sie zu überwinden.»

Die Familie der jungen Frau sei am Sterbebett gewesen, erklärte Loh. Die schwer Verletzte sei «friedlich eingeschlafen», fuhr er fort.

Infektion an mehreren Organen

Ein Ärzteteam hatte bei der Frau eine schwere Hirnverletzung sowie Infektionen ihrer Lungen und innerer Organe festgestellt. In Indien sei sie bereits dreimal am Unterleib operiert worden und habe einen Herzstillstand gehabt.

Eine Gruppe Männer hatte die junge Frau vor anderthalb Wochen in einem fahrenden Bus in der indischen Hauptstadt missbraucht, mit einer Eisenstange geschlagen und aus dem Fahrzeug geworfen. Die Tat hatte in Indien zu teilweise gewalttätigen Protesten geführt.

Demonstrationen gehen weiter

Fünf Männer und ein Jugendlicher sind nach der Tat festgenommen worden und sitzen seitdem in Haft. Sie werden nach Angaben der Nachrichtenagentur IANS nun des Mordes angeklagt. Erwartet wird, dass der Prozess schon nächste Woche beginnt.

Demonstranten zünden Kerzen für das Opfer an.
Legende: Die brutale Vergewaltigung der jungen Frau hat in Indien heftige Proteste ausgelöst. Keystone

Auch am Samstagmittag versammelten sich mehrere hundert Menschen mit Plakaten und Mikrofonen in der Hauptstadt Neu Delhi. «Wir wollen Gerechtigkeit», riefen sie.

Andere hatten sich schwarze Tücher über den Mund gebunden. «Wir haben genug geschrien», sagte eine junge Frau mit Tuch. «Jetzt wollen wir Taten sehen.»

Die Demonstranten forderten in ihren Reden, die Bewegung dürfe an diesem Tag nicht enden. «Ich hoffe, dass ein Wandel passiert in dieser Gesellschaft, die Frauen so gering schätzt», sagte die Studentin Aswathy Senan.

Zunahme von Vergewaltigungen

Box aufklappen Box zuklappen

In der indischen Hauptstadt wird laut Polizeidaten alle 18 Stunden eine Vergewaltigung gemeldet. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Die Zahl der Vergewaltigungen in Indien stieg offiziellen Daten zufolge zwischen 2007 und 2011 um knapp 17 Prozent.

«Sie ist tot. Aber ihr Kampf muss jeden aufwecken, jetzt etwas zu tun», stand auf einem der Plakate. Und auf einem weiteren: «Die Flamme, die sie entzündete, soll nie mehr verlöschen.»

Proteste als «albern» abgetan

In der politischen Elite Indiens scheint die Tragweite des Falles noch nicht überall angekommen zu sein.

ZDF-Korrespondent Stephan Hallmann hatte aus Singapur berichtet, dass sich ein prominentes Mitglied der indischen Regierungspartei abfällig über die Prostete nach der Vergewaltigung geäussert habe. Der Politiker habe die Demonstrationen als «alberne, modische Angelegenheit» abgetan.

Meistgelesene Artikel