Matteo Renzi hat eine unglaubliche Fähigkeit, mit dem Volk zu kommunizieren. Was auch immer er verkündet, man glaubt es ihm. Beinahe täglich lässt er eloquent verlauten, dass es nur einen Weg gebe, den seinen, und der heisse Reformen überall.
Widersprechen mag man ihm nicht. Italien hat Reformen nötig. Doch wer das bisher Geleistete ein bisschen näher anschaut, stellt fest: «tanto fumo, niente arrosto» – viel Lärm um nichts. Ein Beispiel ist die laufende Diskussion um die Liberalisierung des Arbeitsmarktes. Der Senat diskutiert seit gestern darüber, doch die definitive Regierungsvorlage erhielt das Gremium erst heute. Das ist wenig respektvoll.
Und was in der Vorlage drin steht, hat wenig mit einer grossen Reform zu tun. Denn alle kritischen Punkte, die Gewerkschaften und Partei-Linke seit Wochen auf die Palme bringen und deren Realisierung dem Land tatsächlich gut täten, sind verschoben auf irgendwann. Kein Wunder haben sich Gewerkschaften und Linke beruhigt.
Institutionelles Chaos statt Verschlankung
Kaum im Amt liess Renzi die Provinzregierungen abschaffen. Mit ihren Parlamenten und dem ganzen Apparat verschlängen sie jedes Jahr 500 Millionen, sagte er. Zweifellos richtig. Doch vor zwei Wochen schritten die Bürgermeister in halb Italien an die Urne, um die neuen Provinzpräsidenten zu wählen. Auch die Verwaltungsapparate mit ihren hunderten von Angestellten gibt es noch. Grund: Die Reform war nicht zu Ende gebracht. Angelo Zubbani, Bürgermeister von Carrara, klagte, um das institutionelle Chaos zu bewältigen, habe er neue Juristen anstellen müssen.
Renzis allerneuster Vorschlag sieht vor, dass Angestellte die Beiträge für die zweite Säule ausbezahlt bekommen können, wenn sie das wünschen, statt sie fürs Alter anzusparen. Auf diese Weise hofft der Regierungschef, dass die Italiener dank mehr Geld im Sack endlich wieder mehr konsumieren und die darbende Wirtschaft stützen.
Erinnerung an ehemaligen Regierungschef
Was er verschweigt: Geben die Leute ihr Rentengeld jetzt aus, wird der einkommensschwache Teil der Italiener bei Erreichen des Pensionsalters armengenössig. Denn die Auszahlungen aus der ersten Säule sind derart mickrig, dass ein würdiges Leben kaum möglich ist. Also wird wieder der Staat einspringen müssen, um die heutigen Versprechen morgen bezahlen zu müssen.
Das alles erinnert an einen, an Silvio Berlusconi. Auch er war ein Meister der medialen Kommunikation. Umgesetzt hat aber auch er kaum eines seiner Versprechen.