In Norwegen hat der zweite Tag der Parlamentswahl begonnen. Die Wahllokale von der Hauptstadt Oslo im Süden bis Lappland im hohen Norden öffneten um 09.00 Uhr für die 3,64 Millionen Wahlberechtigten. Mit den ersten Teilergebnissen wird nach dem Ende der Abstimmung um 21.00 Uhr gerechnet.
Umfragen zufolge stehen die regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsident Jens Stoltenberg vor einer Niederlage. Der seit 2005 amtierenden linken Regierungskoalition wird eine gewisse Amtsmüdigkeit nachgesagt.
Nach einer von der Zeitung «Aftenposten» veröffentlichten Umfrage kann das konservative Oppositionsbündnis um Erna Solberg mit 54,3 Prozent der Stimmen rechnen. Die Regierungskoalition des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg stürzt demnach auf 39 Prozent ab. «Die Zeit von Jens Stoltenberg ist abgelaufen», sagt auch SRF-Sonderkorrespondent Marcel Anderwert in Oslo.
Das Risiko bei einem Machtwechsel sei für die Norweger ohnehin nicht gross, betont Anderwert. «Sie haben ihren mächtigen Staatsfond, der einen Wert hat von über 700 Milliarden Dollar und da kann am Ende gar nicht viel schief gehen.»
Wechsel erwünscht
Stoltenbergs Regierung ist seit 2005 an der Macht. Eigentlich hat Stoltenberg vieles richtig gemacht. Er hat das Land an der weltweiten Finanzkrise vorbeigeschifft und hat die Norweger nach dem Attentat Anders Behring Breiviks vom 22. Juli 2011 zusammengeschweisst. Im Wahlkampf hat er so gut wie jede der vielen TV-Debatten mit seiner konservativen Gegenkandidatin Erna Solberg für sich entschieden.
Die Norweger hätten allen Grund, zufrieden zu sein, meint Wahlforscher Johannes Bergh vom Institut für Gesellschaftsforschung in Oslo. «Wir sind nicht in einer Krise. Die Wirtschaft wächst, Arbeitsplätze sind nicht in Gefahr und deshalb ist es in gewisser Weise kein Risiko, zu experimentieren, was Neues auszuprobieren.»
Und die Norweger sind der seit acht Jahren regierenden Koalition aus Arbeiterpartei (Ap), Sozialistischer Linkspartei (SV) und Zentrumspartei (Sp) überdrüssig. Einige legen der Regierung auch das Versagen der Behörden zur Last, die Anschläge 2011 nicht verhindert zu haben.
Mit der konservativen Partei Høyre drängt auch die rechtspopulistische Fortschrittspartei an die Macht. Diese hat ein ausgesprochen rechtes Profil, will die Einwanderung stark begrenzen und mehr Geld von den Ölgewinnen abzapfen. Bereits der Wahlkampf drehte sich um Gesundheits-, Bildungs- und Steuerpolitik sowie die Frage, wie die Öleinnahmen am besten ausgegeben werden sollen.