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Aufnahme einer Hand, die mit einem Schlüssel an einer Kette eine Gittertür öffnet.
Legende: Abgeben statt selber schauen: Häftlinge im Ausland unterzubringen, liegt im Trend. Keystone/Symbolbild

International Norwegen will Häftlinge «exportieren»

Häftlinge gegen Geld: Die norwegische Regierung will Gefangene in den Niederlanden unterbringen. Denn in den Gefängnissen des Landes gibt es für über 1000 Verurteilte keinen Platz. Auch in der Schweiz überlegen sich einige Kantone das «Outsourcen» von Häftlingen. Was ist von diesem Trend zu halten?

Norwegen hat im Verhältnis zur Bevölkerung wenige Häftlinge. Dennoch gibt es nicht genügend Plätze für die Verurteilten. Nun will die Regierung, dass einige Häftlinge ihre Strafe in niederländischen Zellen absitzen. Das Parlament soll im November über die Pläne informiert werden.

Skandinavien-Mitarbeiter Bruno Kaufmann sagt, die Pläne hätten «sehr stark mit der rechtsnationalen Regierung zu tun». Sie sei vor einem Jahr angetreten und habe schnell betont, dass sie die Gefängnisinfrastruktur ausbauen und die Prioritäten im Strafrecht anders setzen wolle. «Im Moment haben rund 1300 Personen mit unbedingten Gefängnisstrafen keine Zelle. Auch an Untersuchungshaftplätzen fehlt es. Mit diesem Schritt handelt die Regierung nun.»

Norwegens Regierung begründet ihre Anfrage an die Niederlande mit dem ähnlichen Verständnis der beiden Länder bezüglich Gefängnisstrafen. Sowohl die skandinavischen Länder als auch die Niederlande setzen nicht nur auf Freiheitsentzug, sondern auch stark auf die Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Zudem gingen die Niederlande in den vergangenen Jahren bereits mit Belgien solche Mietverhältnisse ein.

«Das ist eine Kapitulation des Rechtsstaates»

Benjamin Brägger ist Jurist und Experte für Strafvollzug. Er steht der Ankündigung der norwegischen Regierung kritisch gegenüber. Strafrecht sei nationales Recht. Deshalb müsse jedes Land für seine Gefangenen Gefängnisse bauen und betreiben.

Wenn ein Land entscheide, einen Teil seiner Gefangenen zu exportieren, dann sei das eine «gewisse Kapitulation des Rechtsstaates», so Brägger. Ein Staat, der seine Gefangenen nicht selber unterbringen könne, habe im Strafvollzug versagt. Ein Land dürfe nur so viele Menschen vor Gericht bringen, wie es auch in den Vollzug setzen könne.

Der Strafvollzug in den europäischen Ländern habe das Ziel, Gefangene am Ende der Strafe wieder in die Gesellschaft zu integrieren. «Das kann man nur machen, wenn die Gefangenen ihre Strafe in der Region absitzen, in der sie dann auch entlassen werden.» Es gelte das soziale Netzwerk zu pflegen, die Familie müsse von ihrem Besuchsrecht Gebrauch machen können.

Auch in der Schweiz ein Thema

Trotz diesen Bedenken: Auch in der Schweiz wird über die Möglichkeit nachgedacht, Gefangene ihre Strafe im Ausland absitzen zu lassen. «Meines Wissens gibt es zurzeit solche politische Überlegungen – namentlich bei der Westschweizer Justiz- und Polizeidirektoren-Konferenz», sagt Brägger. In Genf sorgt das Gefängnis Champ-Dollon aufgrund der Überbelegung immer wieder für Schlagzeilen.

Das bringt die Grundpfeiler des Rechtsstaates zum Erzittern
Autor: Benjamin Brägger Jurist und Experte für den Strafvollzug

Juristisch sei es «sehr fraglich», ob ein Kanton mit einem anderen Staat einen Vertrag abschliessen könne, um seine Gefangenen ins Ausland abzugeben, gibt Brägger zu bedenken. Denn in der Schweiz sind die Kantone für den Strafvollzug zuständig, der Bund hingegen schliesst Staatsverträge ab.

Eine Aufnahme einer hohen, grauen Mauer eines Gefängnisses.
Legende: Kämpft mit Platzproblemen: Gefängnis Champ-Dollon in Genf. Keystone

Der Jurist befürchtet, dass die Tendenz, Häftlingen ins Ausland zu verlegen, Schule machen könnte. Es handle sich hierbei auch um «eine einfache Methode», einem anderen Land die eigenen Probleme zu übergeben und dafür zu bezahlen. «Das bringt die Grundpfeiler des Rechtsstaates zum Erzittern», so Brägger.

Der Staat ist verantwortlich, für die innere Sicherheit zu sorgen. Dafür brauche er genügend Polizisten und genügend Gefängnisse. Wenn der Staat diese Aufgabe nicht mehr wahrnehme, dann sei das wie vor 200 Jahren, als die Strafgefangenen verbannt wurden. «Wollen wir in diese Zeit zurück? Ich meine: nein.»

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