Wenn James Caponiti in seinem klimatisierten Büro durch Obamas dickes Budget blättert, verzieht sich sein Gesicht: «Das wird uns weh tun – das wird der US-Industrie weh tun», jammert er.
Als Chef der Organisation American Maritime Congress vertritt er in Washington die Interessen der Handelsschifffahrt. Diese wird mit dem von Obama vorgeschlagenen Budget künftig weniger Geld vom Staat erhalten. Denn der Präsident plant den Umbau der staatlichen Nahrungsmittelhilfe an arme Länder.
US-Getreide für die Welt
Bislang kauften die USA die Lebensmittel für das Hilfsprogramm der USA den amerikanischen Bauern ab und transportierten diese auf amerikanischen Schiffen zur Zieldestination. Künftig sollen in rund der Hälfte aller Fälle die Nahrungsmittel direkt vor Ort im Entwicklungsland gekauft werden. Dort würden sie auch gleich wieder verteilt.
Doch dadurch gehen den US-Bauern und der US-Schifffahrt wichtige Aufträge verloren. Und das gerade jetzt, klagt Lobbyist Caponiti. Alles rede von der Schaffung von Stellen und ausgerechnet jetzt schlage Obama eine Systemänderung vor und verschiffe quasi amerikanische Stellen ins Ausland.
Dabei sei das geltende System viel besser, sagt Caponiti. Es bekämpfe den Hunger auf der ganzen Welt und schaffe gleichzeitig Arbeitsplätze in Amerika.
Neues System für das 21. Jahrhundert?
Das sehen viele US-Entwicklungsorganisationen anders: Im Fokus sollte allein die Nothilfe im Ausland stehen, findet etwa Eric Munoz von der Hilfsorganisation Oxfam. Die USA hätten ein staatliches Nahrungsmittel-Hilfsprogramm, das aus den 1950er-Jahren stamme. Dieses werde den Bedürfnissen des 21. Jahrhunderts nicht mehr gerecht. Es sei zu teuer und nicht effizient, sagt Munoz.
Die USA geben jedes Jahr rund 1,4 Milliarden Dollar für die internationale Nahrungsmittelhilfe aus. Befürworter einer Systemänderung im Sinne Obamas sagen, mit derselben Summe liessen sich Millionen Menschen zusätzlich versorgen. Eine Untersuchung der US-Verwaltung kommt zum gleichen Schluss.
Ein Systemwechsel heisse nicht, dass die USA überhaupt keine Güter mehr im eigenen Land kaufen sollten, stellt Munoz von Oxfam klar. Aber: Er ist gegen eine Bezugspflicht. Mit grösserer Flexibilität liesse sich nicht nur Zeit und Geld sparen, sondern auch zusätzliche Menschenleben retten.
Betroffene wollen Systemwechsel verhindern
«Warum ein System ändern, das funktioniert?», fragt hingegen Caponiti vom Schifferei-Verband. Zusammen mit 60 Organisationen, welche direkt vom aktuellen System profitieren, will er verhindern, dass aus der Idee im Budget jetzt ein neues Gesetz wird. Er werde mit aller Kraft gegen eine Änderung lobbyieren, sagt er.
Solches gelang schon 2007: Damals hatte George W. Bush ähnliche Pläne. Sie versandeten im Kongress aber schnell wieder.
(snep;schl)