SRF News: Bernhard Odehnal, Warum ist gerade der österreichische Staatspräsident der erste, der nach dem Atomabkommen dem Iran die Aufwartung macht?
Bernhard Odehnal: Es gab schon vor den Sanktionen sehr gute Beziehungen zwischen Österreich und dem Iran. Schon Bundespräsident Thomas Klestil war zu Besuch. Diese Beziehungen versucht man nun wieder zu aktivieren. Es waren auch schon andere europäische Politiker zu Besuch. Und die Österreicher versuchen jetzt auch gleich dabei zu sein.
Worum wird es abgesehen von freundlichen Worten nach dem Abschluss des Atomabkommens gehen?
Es geht vor allem um wirtschaftliche Beziehungen. Eine so grosse österreichische Delegation war noch nie unterwegs. Neben Bundespräsident Heinz Fischer sind Aussenminister Sebastian Kurz und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner dabei. Zudem werden sie von ungefähr 200 Wirtschaftstreibenden begleitet, die versuchen Kontakte zu knüpfen und bestehende Kontakte zu aktivieren. Schon vor den Sanktionen war die österreichische Industrie im Iran stark vertreten. Dies soll nun wieder aufgenommen werden.
Bereits früher gab es österreichische Pläne, im Iran Erdgasfelder zu erschliessen.
Was sind das für wirtschaftliche Beziehungen, die nun wieder aufgenommen werden sollen?
Diese betreffen vor allem den Bereich der Infrastruktur. Konkret geht es um den Strassenbau und vor allem um den Eisenbahnbau. Hier waren die Österreicher schon sehr aktiv. Auch Medizin, Technik und Maschinenbau stehen auf der Agenda. Und natürlich wird es auch um den Energiebereich gehen. Es gab Pläne der österreichischen Erdölgesellschaft OMV, Erdgasfelder im Iran zu erschliessen, was 2007/2008 auf Eis gelegt werden musste. Hier wird man bestimmt wieder versuchen, aktiv zu werden.
Österreich wird sich mit diesem Besuch wohl auch einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz versprechen.
Bestimmt. Es ist kein Geheimnis, dass auch die Industrien aus Deutschland, Frankreich, den USA oder Italien hier aktiv werden wollen. Der Iran wird als das Zukunftsland im Nahen Osten gesehen. Und die Österreicher wissen genau, wenn sie nicht von Anfang an dabei sind, geraten sie ins Hintertreffen.
Die Kritik ist deutlich leiser als sie beispielsweise beim Besuch Wladimir Putins im vergangenen Jahr in Wien war.
Gibt es in Österreich keine Opposition gegen diesen Besuch? Immerhin gehört die Vernichtung Israels immer noch zur iranischen Staats-Doktrin.
Es gab auf jeden Fall scharfe Kritik insbesondere von der israelitischen Kultusgemeinde in Österreich. Andere Parteien halten sich eher zurück, weil es «Common Sense» ist, dass die wirtschaftlichen Interessen sehr wichtig sind. Zudem hat Bundespräsident Fischer argumentiert, dass er die Lage der Menschenrechte ansprechen werde. Die Kritik ist jedenfalls deutlich leiser als sie beispielsweise beim Besuch Wladimir Putins im vergangenen Jahr in Wien war.
Österreich prescht vor und stattet als erstes Land auf höchster politischer Ebene dem Iran einen Besuch ab. Haben wir es hier mit dem Beginn einer neuen politischen Ära zu tun?
Das wird nicht von Österreich abhängen, sondern auf anderen Ebenen entschieden. Es ist noch nicht sicher, ob der Iran das Abkommen definitiv umsetzen wird. Es ist auch noch nicht klar, ob die USA das Abkommen unterzeichnen werden. Österreich ist also sicher kein «Global Player». Aber sollte das Abkommen tatsächlich wie geplant umgesetzt werden, dann wollen die Österreicher auch dabei sein, wenn es darum geht, die Früchte zu ernten.
Das Gespräch führte Daniel Eisner.