Österreichs Finanzminister Michael Spindelegger hat in einer kurzfristig einberufenen Medienkonferenz angekündigt, dass er von seinen Funktionen als Vizekanzler und Finanzminister zurücktrete. Auch auf seinen Posten als Obmann der konservativen Österreichischen Volkspartei ÖVP verzichte er.
Er habe sich dies lange überlegt, sagte Spindelegger in Wien. «Nun bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich es mir selber schuldig bin, diesen Schritt zu machen.» In einer Partei müsse es Zusammenhalt geben. Wenn dieser nicht mehr gegeben sei, sei der Moment gekommen, das Ruder zu übergeben.
Steuerreform sorgt für Differenzen
Als konkrete Begründung gab der 54-jährige Politiker an, er habe in der laufenden Debatte über eine Steuerreform «Loyalität und Paktfähigkeit» vermisst. Eine Entlastung der Steuerzahler sei nötig, aber «zum richtigen Zeitpunkt», fügte Spindelegger mit Blick auf die hohe Staatsverschuldung hinzu.
Zuletzt gab es auch parteiinterne Kritik an Spindelegger. «Nun ist eine Situation erreicht, wo aus der eigenen Partei ein klares Signal kommt. Jetzt gewinnen die die Oberhand, die sagen, wir müssen auf diesen Populismuszug aufspringen», sagte er. Das halte er jedoch nicht für richtig. Insbesondere Tirols konservativer Landeshauptmann hatte sich für Steuererleichterungen stark gemacht.
Als Politiker auf der Abschussliste
SRF-Auslandredaktor Joe Schelbert ist überzeugt, dass Spindeleggers Partei, die ÖVP, ihn loswerden wollte, und zwar schon seit längerem. «Und dies nicht wegen der Vermögenssteuer, das war nur vorgeschoben.» Aber Spindelegger sei ein etwas ungelenker Konservativer. «Er ist wenig modisch, er ist ein schlechter Wahlkämpfer, und die Umfragewerte der Partei liegen am Boden.»
Neuwahlen werde es wohl nicht geben, erklärt Schelbert weiter. Denn: «Mit wem würde die SPÖ zusammen arbeiten, wenn nicht mit der ÖVP? Mit den Grünen und den Liberalen reicht es nicht.» Ausserdem wüssten beide Parteien, dass bei Neuwahlen der Rechtspopulist Heinz-Christian Strache von den Freiheitlichen der grosse Sieger wäre.