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Valls
Legende: Das Arbeitsrecht will Premier Valls mit seiner Reform wieder lesbar machen. Reuters

International Paris will Arbeitsrecht entrümpeln

Es wird wohl die letzte Reform sein, welche die sozialistische Regierung in Paris noch anschieben kann: Die Reform des Arbeitsrechts. Grundzüge hat der Ministerpräsident jetzt vorgestellt. Die Sozialpartner sollen demzufolge Arbeitszeit und Lohn künftig untereinander aushandeln.

Frankreich will sein Arbeitsrecht reformieren und flexibler machen. Grundprinzipien wie die gesetzliche Arbeitszeit von 35 Stunden pro Woche und die Bezahlung von Überstunden sollten weiter garantiert werden, sagte Premierminister Manuel Valls.

Details der Umsetzung sollten dann je Branche oder Unternehmen zwischen den Sozialpartnern vereinbart werden können. Konkrete Vorschläge müssen aber noch ausgearbeitet werden. Das französische Arbeitsrecht sei unlesbar geworden, begründete Valls. Die Regierung peilt für die Überarbeitung zwei Jahre an, ein Gesetzentwurf soll Anfang 2016 vorgelegt werden.

Arbeitsrecht würde auf den Kopf gestellt

«Steigen alle drauf ein, Arbeitgeber, Gewerkschaften und letztlich das Parlament, dann stellt die sozialistischer Regierung das Arbeitsrecht in Frankreich auf den Kopf», meint SRF-Korrespondent Charles Liebherr. «Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit, Lohn, alles könnten Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter künftig untereinander aushandeln.» Das Gesetz schreibt nur noch vor, dass ein Mindestlohn gilt und die Arbeitswoche in der Regel 35 Stunden hat.

Was rechte Regierungen immer versprachen, aber nie antasten wollten, meint die Linke nun schaffen zu können
Autor: Charles Liebherr SRF-Korrespondent in Paris

Der Arbeitgeberverband applaudiert: «Wenn wir das hinkriegen, dann könnte das eine sehr wichtige Reform werden», erklärte Jean-François Pilliard nur knapp eine Stunde nach den Ankündigungen der Reform gegenüber dem Sender France-Info.

Mehr Gewicht für Gewerkschaften

«Was rechte Regierungen immer versprachen, aber nie antasten wollten, meint die Linke nun schaffen zu können», erläutert SRF-Korrespondent Liebherr. Gelingen soll es, weil eine funktionierende Sozialpartnerschaft über alles gestellt wird.

Die Arbeitgeber erhalten mehr Flexibilität beim Festlegen von Arbeitspensen und Löhnen. Sie können ihre Forderungen aber nur durchsetzen, wenn im Gegenzug mindestens die Hälfte aller Arbeitnehmenden dem zustimmen. Die Gewerkschaften erhalten also mehr Gewicht am Verhandlungstisch.

Sozialpartner gefordert

Die Regierung stellt die Grundzüge der Reform nun bei den Sozialpartnern zur Debatte. Da wird sich zeigen, wie es um ihre Fähigkeit steht, tragfähige Kompromisse zu finden, ergänzt Liebherr.

Die zweitgrösste Wirtschaft der Eurozone leidet unter einer hohen Arbeitslosigkeit und flauem Wachstum, die Wirtschaft klagt immer wieder über das starre Arbeitsrecht. Einige Gewerkschaften befürchten allerdings, dass die geplante Reform den Schutz von Arbeitnehmern aushöhlt.

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